Man könnte ihr statt Blumen auch Dornen aufsetzen. SZA klingt ein wenig verloren. Es könnte am vielen Geld liegen, das Top Dawg nach den Erfolgen mit Kendrick Lamar und Schoolboy Q auf sie setzt. Das muss nun kein Nachteil sein.
Ur. Babylon. Omega. Was da in den Boxen brennt, klingt ziemlich alttestamentarisch. Einmal singt SZA auch immer wieder »Crucify Me«. Da trägt sie die Dornenkrone und fragt, wer denn ohnehin dieser Gott ist. Sie schultert den Hass und die Schuld. Aber irgendwie wartet da hinterher keine Erlösung, keine Freiheit, nur Typen, die man schon früher für nichts gefickt hat oder ein schwacher, lauer Wind. Es ist keine Liebe, über die SZA da singt. Eher sind es beschädigte Herzen und ein diffuses Gefühlslimbo, ihre Songs sind taub, in einem Nirgendwo von belanglosen Tinder-Dates hängen geblieben. Es gibt in ihnen zwar ein »Du«, aber es ist schwach, es verschwindet im Hintergrund. Diese kleinen Dramen bringt SZA immer wieder auf den Punkt. Soul ist ja so entstanden, Gospels singen und im Text Gott durch Sex ersetzen. SZA singt nun auch irgendwie Gospels, aber die der ungemütlichen Sorte. Menschen leiden, es ist fast ein bisschen Kreuzweg.
Nun sind Slowjams und Gefühle in Zeitlupe nicht eben die Revolution in der Musik der Gegenwart. Aber »Z« führt viele Stränge zusammen, Alt R’n’B, Trip Hop, Soul und narkotischen Pop. Nicht immer nur zum Vorteil des Albums. Ja, es zerfällt in einzelne Brocken, manchmal sogar in einzelne Stile, man weiß nicht so recht, wofür SZA stehen, was sie sagen will. Das macht es für den Hörer etwas schwer, passt aber auch zu der verwirrten Grundstimmung des Albums und führt manchmal zu seltsam niederschmetternden Songs wie dem Heroin-Philly Soul von »Sweet November«, das nach einem verstrahlten Mittelteil nur einen Hauch zum Refrain hin abbremst. Ja, so klingt die süße Verzweiflung – wie ein perlmuttfarbenes Daunenkissen einmal kräftig in die Magengrube.
Top Dawg hat zu viel Geld, das muss nicht schaden
SZA ist mit ihren 23 Jahren die erste Frau auf Top Dawg Entertainment, dem kalifornischen Label, das nach Kendrick Lamar und Schoolboy Q eindeutig zu viel Geld übrig haben dürfte. Denn nicht nur Kollege Kendrick ist dabei, sondern auch BBC-Darling der Stunde Chance The Rapper. Für die Regler hat man sich auch nicht lumpen lassen und allerbeste Qualität eingekauft, mit Mac Miller, Toro Y Moi, XXYYXX oder Emilye Haynie, der sonst für Eminem und Lana Del Rey zaubert. Nur Rick Rubin scheint mal wieder keine Zeit gehabt zu haben. Die einzelnen Namen muss man nun eh nicht kennen. Wichtig ist dabei: hier wird an großer Kunst gearbeitet, wie in einer Werkstatt. Man castet und kuratiert, bei Banks funktioniert das ja auch. Und ihr Album wird heuer ohnehin noch massiv einschlagen.
Es gibt sie, weibliche Role Models, die ihr Material selbst schreiben und manchmal auch produzieren. Im Moment gerade sogar reichlich und vielleicht muss man das in ein paar Jahren nicht einmal mehr extra erwähnen. Ganz oben in diesem Dunstkreis aus oxidierten Beats und kugelsicheren Vocals: Mapei, FKA Twigs, Kelela, Kilo Kish, Empress Of, Elliphant, Liz, Iggy Azalea, Mø. Oder eben SZA. Ihr Album ist voller Songperlen, die sich nur noch nicht sinnvoll auffädeln lassen. Es fehlen die Refrains und der harte Kern – selbst wenn das auch eine Stärke sein kann. Es ist in dem Sinn noch keine Offenbarung, auch keine Auferstehung, sondern mehr wie ein bittersüß klingender Leidensweg.
»Z« von SZA ist bereits via Topdawg Entertainment erschienen.Role Models by stefan-niederwieser