Im Radio laufen Clipping sowieso nicht. Sie machen eher die Sorte Musik, die einem gefallen sollte. Weil man sonst etwas nicht verstanden hat. Kunst, Rap und Noise zum Beispiel.
Wie, dir ist das zu anstrengend? Wie, du hörst lieber was mit Melodien? Mit Clipping macht man sich neue Freunde und – wahrscheinlicher – verliert man alte. Das Album des Trios aus Los Angeles ist wie ein Eignungstest für eine Hochschule für angewandte Geräusche. Dort wird man Dinge gefragt wie: Lässt sich der Arsch auch zu ein paar dürren Geräuschen schütteln? Wie weit kann man einen Beat zerlegen? Wie löchrig darf ein Groove sein? Kann man G-Funk mit ein paar leeren Flaschen spielen? Was ist das, Rap? Und müsstest du dein Leben nicht viel intensiver, ärger und verrückter leben? Die ersten vier Semester ist man da voll drin und versteht die Leute nicht mehr so richtig, die sich diese Fragen gar nicht stellen, arme Banausen.
Dabei waren Clipping auf ihrem Erstling »Midcity« noch radikaler. Dort hatten ihre Beats fast nur aus Knacksen, Noise, Tstsss, knk, Krach, -z- und Wummern bestanden. Vermutlich hat sie Sub Pop gezwungen, ein kleines bisschen zugänglicher zu werden. »Tonight« ist im Refrain fast schon hymnisch. Ein paar Laptop-Pfeifen tun so, als wären sie schwere Bläser von Adeligen. Sonst aber gibt es eher Apokalypse auf die Ohren und den unbedingten Willen, Rap mit noch mehr Sinn, noch mehr Gedanken zu füllen und von innen nach außen zu sprengen. »Get Up« sampelt einen Alarmton. Voll arg. Melodie ist irgendwann auch drin. Geld und der Tod werden später total miteinander verwoben. »Clppng« klingt als Idee toll. Nur eben nicht als fertiges Album. Wie soll es auch. Das will es gar nicht. Tut es auch nicht. Clipping ist nämlich keine Frage des Geschmacks, sondern eine Frage der Erziehung. Es hilft, wenn man früher schon ein paar andere Rap-Sprengmeister gehört hat, wie das Antipop Consortium, Saul Williams, Cannibal Ox, Sole, Dälek oder die Cool Kids. Das ist natürlich wichtig und bringt die Kunst nach vorn, wenn die Grenzen eines Genres ausgelotet werden. Nur offenbar hätten sich ein paar Leute gewünscht, dass der Hund und die Innereien nicht so ablehnend auf die Störgeräusche reagieren. Wer es also nicht ganz so schmerzvoll mag, kann ja Death Grips oder Chance The Rapper hören. Oder einfach Kanye. Das geht sowieso immer.
»Clippng« ist am 10. Juni via Sub Pop Records erschienen.