Seit zehn Jahren bereichert das Blue Bird Festival den Wiener Musikherbst. Jenny Blochberger und Nadine Berginz von der Vienna Songwriting Association (VSA) blicken für uns auf die Erfolgsgeschichte ihrer Veranstaltung zurück.
Vor zehn Jahren ist das erste Blue Bird über die Bühne des Porgy & Bess gegangen. Erinnert ihr euch daran, welche Erwartungen ihr damals an das Festival gehabt habt? Haben sich diese erfüllt? Und inwiefern haben sie sich in den letzten zehn Jahren verändert?
Jenny: Wir haben einfach nur gehofft, dass Leute kommen. Das hat ja glücklicherweise geklappt. Die Erwartungen haben sich eigentlich nicht groß verändert: Immer noch hoffen wir, dass unser Programm die Leute interessiert, dass sie im besten Fall für eine Band, die sie kennen, kommen und mit einer ihnen vorher unbekannten neuen Lieblingsband nach Hause gehen.
Nadine: Der Unterschied ist halt, dass wir mittlerweile zuversichtlicher sind, was das Erscheinen des Publikums betrifft.
Auch wenn der Ausgangspunkt für euer Festival ein Tribute-Abend für den verstorbenen Folk-Helden Nick Drake gewesen ist, habt ihr den Begriff „Songwriting“ immer sehr offen ausgelegt. Wie entscheidet ihr, ob Bands ins Blue-Bird-Line-up passen oder nicht?
Jenny: Wenn sie ein Glockenspiel dabei haben …
Nadine: … und aus Island sind.
Jenny: Nein, ernsthaft: es ist hauptsächlich eine Gefühlssache. Ich kann nicht sagen, es darf nicht laut sein – bei Woven Hand und Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra hat das Porgy gebebt –, oder es muss „handgemacht“ sein oder super-independent oder textlich extrem ausgefeilt. Mit all diesen Grundsätzen haben wir zu irgendeinem Zeitpunkt gebrochen.
Nadine: Es geht einfach um Glockenspiele, Gänsehaut und all das.
Ihr beschreibt euch selbst als einen „Haufen musikbegeisterter Amateure“. Hat es in den letzten zehn Jahren einen Zeitpunkt gegeben, an dem ihr gemerkt habt, dass die Motivation in der Gruppe nachlässt? Und wenn ja, wie seid ihr aus diesem Tief wieder rausgekommen?
Jenny: Das gab es schon immer wieder mal. Die Besetzung des Teams hat ja im Lauf der Jahre öfter gewechselt, Klaus (Totzler, Präsident und Booker der VSA; Anm. d. Red.) und ich sind die einzigen, die von Anfang an dabei waren. Und das ist es wohl auch, was uns dann wieder rausreißt – dass immer wieder neue Leute nachkommen, mit neuen Ideen und frischer Begeisterung. Musikbegeistert sind wir immer noch, Amateure sind wir aber schon lange keine mehr.
Nadine: Es ist ja heuer „erst“ mein fünftes Blue Bird, aber es gibt natürlich immer wieder Aufs und Abs. Ich glaube, dass das eher ein Problem der fehlenden Zeit ist als fehlende Motivation. Corinna (Prey, ein weiteres Mitglied des VSA-Teams; Anm. d. Red.) und ich beispielsweise haben anfangs noch studiert, jetzt sind wir zeitlich einfach nicht mehr so flexibel.
Mit dem Porgy & Bess bespielt ihr eine Venue, die einen dezidierten Jazz-Schwerpunkt hat. Hat sich das über die Jahre eher als Vor- oder Nachteil erwiesen?
Nadine: Wir bespielen das Porgy ja nicht wegen dessen sonstigen Aktivitäten – obwohl wir die Arbeit von Christoph Huber (künstlerischer Leiter des Porgy & Bess; Anm. d. Red.) sehr schätzen –, sondern weil der Saal eine tolle Atmosphäre hat und der Sound gut ist. Außerdem hat das Porgy & Bess viele Vorteile, zum Beispiel gibt es eine große Backline und einen wunderbaren Fazioli. Die Infrastruktur für die Abwicklung eines dreitägigen Clubfestivals ist einfach von vornherein vorhanden.
Jenny: Die Zusammenarbeit mit dem Porgy funktioniert einwandfrei, darüber sind wir wirklich froh – die Venue ist einfach schön und noch dazu sehr zentral.
Es gelingt euch immer wieder, große Namen zum Blue Bird zu holen. Könnt ihr so attraktive Gagen bezahlen oder hat sich eure Gastfreundschaft – samt Blue-Bird-Torte – international herumgesprochen?
Jenny: Die Atmosphäre beim Blue Bird ist sehr familiär, die Artists spüren, dass wir mit Herzblut dabei sind und dass uns auch viel daran liegt, dass sie sich wohlfühlen und dass alles klappt. Aber bei den Gagen wird uns nichts nachgelassen, nur weil wir so nett sind – wir zahlen den marktüblichen Preis.
Nadine: Ich würde sagen, dass wir faire Gagen bezahlen. Natürlich ist bekannt, dass das Festival meistens ausverkauft ist. Musikerinnen und Musiker kommen häufig auf uns zu und fragen, ob wir sie nicht zum Blue Bird einladen möchten. Da spielt sicher auch die mediale Präsenz eine Rolle. Und natürlich die Torte!
Seid ihr beim Booking darauf angewiesen, dass die Künstler auf Tour sind, oder könnt ihr es euch leisten, auch mal jemanden einfliegen zu lassen?
Nadine: Unterschiedlich. Manchmal fliegen wir einzelne Künstlerinnen und Künstler ein, wenn wir sie wirklich unbedingt beim Festival haben möchen. Ab und zu planen Bands ihre Tour auch um das Blue Bird herum – so zum Beispiel Pascal Pinon 2012. Selbstverständlich buchen auch wir Acts, die gerade auf Tour sind; glücklicherweise touren die meisten Bands im Herbst.
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