FM4 ist 20 Jahre alt. Was ist denn eigentlich die letzten zwei Jahrzehnte so passiert?
1995
Am 16. Jänner ging FM4 um 19 Uhr mit den Beastie Boys auf Sendung. Keimzelle und Vorgänger war die Ö3 Musicbox. Gedacht war der Sender für alternative, jüngere Hörer. Fünf Jahre lang teilte sich FM4 die Frequenz mit Blue Danube Radio, dem Ex-Pat-Sender für UNO-Mitarbeiter und Spione. Man sendete anfangs von 19 bis 1 Uhr morgens.
1996
Ende des Jahres löst Monika Eigensperger Mischa Zickler als Senderchef ab. Ungebrochen bis heute. Musikchef Marcus "Makossa" Wagner ist sogar ein Jahr länger im Amt. Ebenfalls seit Beginn und damit jetzt 20 Jahre dabei: Martin Blumenau, BTO Spider, Claudia Czesch, Andreas Ederer, Christian Fuchs, Dirk Stermann, Fritz Ostermayer, Martin Pieper, Heinz Reich, Robert Rotifer, Eva Umbauer. Ein Team-Foto aus den Anfangstagen gibt es hier.
Das FM4 Geburtstagsfest findet erstmals in der Szene Wien statt, dann im WUK und schließlich traditionell im saukalten Jänner unter freiem Himmel in der Arena. 2014 hat die Gemütlichkeit durchgeschlagen und man ist in die Ottakringer Brauerei übersiedelt.
1997
FM4 Compilations. "FM95" gab es nur inoffiziell, wurde von Robert Rotifer und Walter Gröbchen kuratiert. Die "FM4 Sound Selection" ist mittlerweile in der 30. Auflage mit der gewohnten Aufteilung in eine internationale und eine nationale CD. Außerdem pressen noch "Sunny Side Up" und gerade wieder "Tribe Vibes" ihre Musik auf physische Scheiben. "House Of Pain" leider nicht.
2000
Seit 1. Februar sendet FM4 rund um die Uhr, nachdem Blue Danube Radio eingestellt wurde. Als Überbleibsel bleiben englische Moderationen und Nachrichten auf Französisch und Englisch. Ohne FM4 hätte der gesamte Staatsfunk also keine fremdsprachigen Inhalte.
Fm4.orf.at geht im Juni online. Die Website spielt zwar sicher nicht alle Stückerln und darf nur im Zusammenhang mit dem Radio-Sendebetrieb berichten, wie erfolgreich die Site ist, lässt sich nicht leicht herausfinden, weil nur Zahlen zu orf.at generell verfügbar sind. Es dürfte aber bei 300-400.000 Besucher monatlich liegen. 2013 wird dann neu angestrichen und ausgemalt. Das Grau ist deutlich frischer geworden.
2001
Der Soundpark wird zum Nationalfeiertag am 26. Oktober aus der Taufe gehoben. Soundcloud gab es damals nicht. Gerade anfangs wird viel neue, heimische Musik auf Rotation genommen. Zudem stellt eine wöchentliche Sonntag-Nacht-Schiene einzelne Musiker ausführlich vor.
2002
Das FM4 Frequency schlägt in Salzburg ein. Im Jahr zuvor wurde es als "Vienna City Festival" geboren, übersiedelt aber ins Grüne und bekommt eine Sonnenblume verpasst. Es wächst sich bald von 20.000 auf 100.000 Besucher aus.
Der Literaturwettbewerb "Wortlaut" stößt auf rege Beteiligung. Erste Gewinnerin: Doris Mitterbacher aka Mieze Medusa. Immer gibt es ein Thema, oft werden die Texte auf derstandard.at veröffentlicht, selten bei Volltext als Buch oder Hörbuch oder ab und an mit Festen gefeiert.
2004
Im Jahr davor laden die Schwestern Brüll noch im alten Wiener Fluc zum jungfeministischen Songcontest. Unabhängig davon wird am 12. Februar der Protestsongcontest anlässlich des 70. Jahrestags der antidemokratischen Februar-Kämpfe aka österreichischer Bürgerkrieg ausgetragen. Seither wird protestiert und gesungen, als wären die Wilden Siebziger noch nicht vorbei.
2005
Weil der Sender über die Landesgrenze hinausstrahlt, ganz besonders beliebt nach Bayern, findet das FM4 Fest in München seither alle zwei Jahre im Oktober statt. So geht erfolgreicher Kulturimperialismus.
2006
Langsam haben alle Mobilfunk. Die Überraschungskonzerte werden per SMS und Mail kurzfristig angekündigt. Wer zuerst da ist, kann Beatsteaks, Texta, Kraftklub, Russkaja oder Frittenbude gratis sehen.
2007
Vier Prozent. Der Sender baut seine Reichweite aus, nämlich bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Mehr wird es allerdings nicht. Aktuell steht man bei 3,5%, so die Auskunft beim Sender. Im Interview mit Monika Eigensperger ist von aktuell 5,5% die Rede.
2009
Der ORF unterzeichnet die Musikcharta und will den Anteil heimischer Musik im Radio in den nächsten Jahren auf 30 Prozent steigern. Passiert ist es nicht. Auch wenn sich FM4 überdurchschnittlich bemüht und bei 20 bis 25 Prozent hält. Vier Jahre später hat man wieder etwas auf ein Papier geschrieben. Diesmal aber wirklich für die heimische Quote, versprochen.
Das FM4 Frequency übersiedelt nach St. Pölten, behält aber die Headliner aus der Anfangszeit bei. Und immer mehr Menschen fragen sich, warum das Festival noch FM4 im Namen trägt.
2011
Sechs Alben der Woche von österreichischen Acts hintereinander: Wolfram, Attwenger, Ja Panik, Clara Luzia, Kreisky, Texta. Zweieinhalb Jahre später werden die ersten drei Plätze der Charts erstmals von Österreichern besetzt, Bilderbuch, Velojet und Farewell Dear Ghost nämlich. Außerdem auf den Plätzen: We Walk Walls, James Hersey, Inner Storm, Sawoff Shotgun, Gerard, Gin Ga, Camo & Krooked, Königleopold, Kreisky, Allen Alexis, Sohn, Texta. Tu Irre Austria.
2013
ORF-Direktor Wrabetz hält FM4 kurz vor der Nationalratswahl trotz Geldnot für einen "Bestandteil des gesetzlichen Auftrags". Es darf weitergehen. Einen neuen Sender für noch jüngeres Publikum kann er sich vorstellen, Arbeitstitel 21 FM.
Der ORF darf jetzt Social Media. Früher wurde die Facebook-Page offiziell von einem Fan betrieben. Geglaubt hat das niemand. An die Sinnhaftigkeit eines Social Media-Verbots für Öffentlich-Rechtliche hat aber eh auch nur der Verband Österreichischer Zeitungen geglaubt.
2014
Mit "7 Tage FM4" lassen sich fast alle Sendungen eine Woche lang nachhören. Juhu, 21. Jahrhundert, wir kommen.
Das FM4 Hip Hop Open findet erstmals statt. Left Boy und Nas sind Headliner.
2015
FM4 wird 20 und ist damit kein Teenager mehr.
2021
Das Funkhaus steht und sendet seit 1939 in der Wiener Argentinierstraße. Bis 2021 soll der Sendebetrieb aus Karlsplatz-Nähe an den Stadtrand auf den Küniglberg verlegt werden. Dagegen protestieren Künstler und eine Unterschriftenliste. Der Sparzwang wird wohl Recht behalten.
Thesen, Beobachtungen und Feststellungen anlässlich des 20. Geburtstags von FM4 könnt ihr hier nachlesen.