"I’m just real!"

Cakes Da Killa nimmt kein Blatt vor den Mund: Explizite Lyrics über schwule Liebe und schwulen Sex setzt der US-amerikanische Rapper als Mittel gegen verklemmte Erwartungen ein.

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Letzter Sommer, Tauron Nowa Muzyka: Cakes Da Killa eröffnet am späten Freitagnachmittag das Festivalprogramm auf der Little Big Stage, jener Bühne, die unter der Patronanz seiner Booking-Agentur steht. Nach und nach strömen Menschen aus dem Tageslicht ins übergroße, finstere Zelt. Spröde Sounds, andrückende Beats und Cakes’ explizite Schnellfeuer-Raps empfangen sie auf harsche, aber überzeugende Weise. Als mit "I Run This Club" schließlich der Höhepunkt erreicht ist, hat sich ein Zuschauergrüppchen in eine tanzende Menge verwandelt. In ihrer Mitte: der Rapper auf Tuchfühlung mit seiner Crowd. Ein kleines Wow am Anfang des Festivals im polnischen Kattowitz.

Auf seiner neuen EP gibt sich Cakes nun von einer sanfteren, verletzlichen Seite – "#IMF" (kurz für "in my feelings"), handelt von einer Beziehung, die nicht ganz so gut verlaufen ist. Eine Widmung dazu gibt es auch: "Dedicated to the man that helped me reach my limits … He knows who he is." Per E-Mail hat uns Cakes Da Killa Näheres dazu verraten.

Als du 2011 auf der Bildfläche aufgetaucht bist, hat man dich neben Acts wie Mykki Blanco und Le1f als wilden queeren Hip-Hop-Newcomer beschrieben. Nun hast du eine EP mit dem Titel "#IMF" veröffentlicht, die eine sanftere Seite von dir zeigt. Kann man das als eine Art Erwachsenwerden verstehen?

Ich würde es nicht notwendigerweise als Erwachsenwerden bezeichnen. Es ist eher das Offenlegen einer gewissen Verletzlichkeit. Außerdem wollte ich ein Thema, mit dem sich die Menschen identifizieren können, aufgreifen, indem ich die andere Seite vom Umgang mit down-low men (Männer, die ihre homosexuellen Neigungen verheimlichen; Anm. d. Red.), anspreche – was nicht oft thematisiert wird.

Auf der Rückseite des EP-Covers ist eine intime Widmung zu finden. Wie nahe an deinem eigenen Leben sind die Dinge, über die du rappst? Hattest du schon mal das Gefühl, dass du in deinen Lyrics zu viel von dir preisgibst?

Ich schreibe nur über Dinge, die ich erlebt habe oder die mich beschäftigen. Ich war nie jemand, der versucht hat, den Fans irgendetwas vorzuspielen – I’m just real. Meine Fans verdienen es, mich in meiner besten Verfassung zu sehen und in meiner schlechtesten. Auf solche Art exponiert zu sein, stört mich nicht. Ich bin Künstler und das ist es, worum es bei diesem Lifestyle geht.

Wie viele Teile Begierde, wie viele Teile Liebe und wie viele Teile Kummer enthält die EP?

Die EP ist ein Gumbo (würziger Eintopf der US-amerikanischen Südstaatenküche; Anm. d. Red.) aus all diesen Dingen. Was sie auch zu so einer wunderschönen, warmen und eindringlichen Erfahrung macht.

Deine Schnellfeuer-Raps hast du beibehalten, wodurch "#IMF" die selbe Intensität hat wie deine früheren Veröffentlichungen. Diese wird aber mit sanfteren, entrückteren Sounds kombiniert. Wie bist du an diesen Wechsel in der Tonalität mit deinen Produzenten herangegangen?

Ich war für dieses Projekt einfach an einer speziellen Frequenz interessiert, die sich von jener meiner früheren Releases unterscheidet. Das Narrativ war um einiges schwerer, also wollte ich mit simplen Beats mit zarten House-Einfüssen arbeiten.

Du rappst über schwule Liebe und schwule Sexualtät auf sehr explizit und auch sehr natürliche Weise – und lässt damit vorgefasste Ideen von Rap auf Grund laufen. Wie reagieren konservative Hip-Hop-Hardliner auf dich als Künstler?

Ich denke, es braucht ein wenig Zeit, um meine Musik zu verdauen, weil ich so explizit bin, aber wenn sie mich live sehen, sind Talent und Entertainer-Qualitäten auch für sie nicht zu leugnen.

Als jemand mit einem sehr humorvollen und freimütigen Umgang mit Rap, was hältst du von der sehr ernsten Diskussion rund um schwule Rapper in den Medien?

Damit beschäftige ich mich eigentlich nicht. Für mich ist das nicht so etwas Ernstes, mich kümmern andere Dinge wesentlich mehr.

Würdet du andere LGBT-Hip-Hop-Artists als Einflüsse für dich nennen oder verortest du deine Einflüsse anderswo?

Das kommt ganz darauf an, welche LGBT-Artists … Viele farbige LGBT-Artists haben mich zum Beispiel sehr beeinflusst: E. Lynn Harris, Richard Bruce Nugent oder Rashaad Newsome, um nur ein paar zu nennen. Die Rapper spornen mich an, Musik mit Qualität rauszubringen, weil wir alle für eine größere Sache stehen, auch wenn wir nicht notwendigerweise die selbe Art Musik machen.

Ist es dir wichtig, als queerer Künstler wahrgenommen zu werden?

Ich identifiziere mich selbst nicht als queerer Künstler.

Siehst du dich als Teil der US-Hip-Hop-Szene?

Ja!

Was würdest du als größeren Erfolg ansehen: dabei mitzuhelfen, einen Gesinnungswandel in unserer Gesellschaft Richtung größerer Aufgeschlossenheit anzustoßen, oder in den Charts weit oben zu landen?

Ich denke, je größer mein Bekanntheitsgrad ist, desto besser wäre es. Weil es mir ganz und gar um Sichtbarkeit geht und darum, vorgefasste Meinungen über offen schwule schwarze Männer zu zerschlagen.

Zum Abschluss: Was kommt als Nächstes für Cakes Da Killa?

Mein Debütalbum, mehr Tourdates und eine Saftdiät.

Die EP "#IMF" ist bei Mishka Records erschienen. Wer sich ebenfalls einmal von einem Eröffnungs-Act des Tauron Nowa Muzyka überraschen lassen möchte, kann sich hier über den aktuellen Stand des heurigen Line-ups informieren.

Bild(er) © Vitalic Noise
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