Ezra Furman ist King Of Queer und Queen Of Pop. Dass er Wien ganz gern mag, beweist er nicht nur durch wiederholte Besuche der Stadt, sondern auch dadurch, dass er den Backstagebereich des Wiener Flex besser kennt, als sonst jemand.
Bei kaltem Kaffee mit waschechter Tiroler Landmilch haben wir uns kurz vor dem Auftritt am 9. November über innovative Phrasendrescherei, blaue Haare und Frauenkleidung unterhalten. Und ja, eine Perlenkette haben wir an diesem Abend beide getragen.
Hi Ezra. Um ehrlich zu sein, du siehst müde aus.
Das bin ich auch. Touren ist einfach Hard Work. Wobei alles gut gelaufen ist bis jetzt. Die Shows in Leeds und Barcelona zum Beispiel waren unglaublich. Leeds war wohl deshalb so speziell, weil es erst kurz nach dem Tourauftakt eine der ersten Shows war, Barcelona wiederum, weil sie in so einem kleinen, verschwitzten Schuppen stattgefunden hat.
Spielst du lieber in intimen als in großem Rahmen?
Darüber zerbreche ich mir gar nicht den Kopf. Hauptsache, ich spiele. Es muss schon ziemlich viel passieren, um mir einen Gig zu versauen. Klar meckern wir auch, wenn es zu heiß oder zu eng ist. Aber dann stehe ich bei gefühlten 110 Grad – ohne Klimaanlage – auf der Bühne und würde ums Leben nicht vor der letzten Zugabe aufhören wollen. Außerdem macht es einen selbstbewusst, wenn man weiß, man hat gutes Material zu präsentieren. Und natürlich wenn die Band gut ist – meine ist unglaublich.
Wie lange spielt ihr schon gemeinsam – so, wie ihr jetzt auf der Bühne steht?
Dreienhalb Jahre. Wie ich sie gefunden habe, ist mir beinahe selbst ein Rätsel. Ich habe verschiedene Konstellationen ausprobiert, aber im Endeffekt sind es doch eher zufällig zusammengewürfelte Leute, die ich aus anderen Bands zusammengestohlen habe.
Auf der Bühne zu stehen fordert natürlich auch eine gewisse Bühnenpräsenz. Du bist bekannt für deine ausgeflippten, femininen Outfits. Und deine Haare sind momentan blau gefärbt.
Ich kann’s dir sagen, es ist nicht einfach, feminine Kleidung zu finden, die gut sitzt. Als Mann sowieso! Oft sehe ich Stücke, die ich gerne tragen würde, aber natürlich passen die, die ich will, mir dann nicht. Ehrlich gesagt kaufe ich das meiste second hand ein, also auch sehr billig, da steckt eigentlich selten richtig teures Zeug dahinter. Meine Haare sind gerade blau… achja! Oft vergesse ich, welche Farbe ich gerade trage. Mein Spiegelbild verrät es mir dann wieder.
Steht dir.
Danke, es fühlt sich auch ganz gut an. Die Polizei hat uns heute schon zweimal angehalten. Ich denke, es war wegen der Haare.
Nicht nur deine Haarpracht ist einigermaßen ungewöhnlich, auch deine Homepage wirft ein paar Fragen auf. Du hast sie "A Guide For The Perplexed" genannt. Wieso?
Ich bin ja selbst meist perplex. Aber ich muss zugeben, den Titel habe ich gestohlen. Von einem mittelalterlichen Buch über jüdische Philosophie, geschrieben von Moses Maimonides. Er war ein ägyptischer Rabbi, einer der größten jüdischen Denker überhaupt. Er hat versucht, Fragen der Religion einfach bzw. verständlich zu erklären. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist, dass man Gott nicht als menschliches Wesen begreifen soll, nur weil in der Bibel steht, er habe Hände. Mir hat der Grundgedanke des Buches gefallen, weil er versucht, ein so komplexes Thema zugänglicher zu machen. Und dann hat sich der Titel für meine Homepage angeboten.
…weil du da auch versuchst, Fragen zu beantworten? Man kann dir ja, habe ich gesehen, welche zuschicken. Und du antwortest sogar.
Auf einige, nicht auf alle. Ich antworte dann, wenn ich denke, dass die Frage oder mein Statement dazu interessant ausfällt.
Was wäre ein solches Beispiel?
Normalerweise erinnere ich mich eher an meine guten Antworten als an die gute Fragen. Aber ich denke, bei diesem Beispiel passt beides: Ich wurde in einem E-Mail gefragt, woher ich einerseits die Selbstsicherheit hernehme, auf die Bühne zu gehen und andererseits, wie ich meinen Haustierdinosaurier nennen würde, hätte ich einen. Antwort war auf beide Fragen: Little Richard.
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