Die Poolinale geht von 14. bis 17. April in ihre sechste Runde und sie gibt sich dabei explizit politisch. Im Rahmen des Festivals präsentiert The Gap die Österreich-Premiere von „They Will Have To Kill Us First“.
2011 gegründet, versucht die Poolinale, die oft sehr eng miteinander verbundenen Kunstformen Musik und Film und ihre Beziehung zueinander in Form von Workshops, Talks und natürlich Screenings abzubilden. Was beim Programm des viertägigen Festivals heuer besonders auffällt, ist seine stark politische Ausrichtung. Musik soll als „elementare gesellschaftliche Kraft“ gezeigt werden, so der Pressetext.
Ein Beispiel dafür: „They Will Have To Kill Us First“, Johanna Schwartz’ eindrucksvolles Porträt der Musikszene Nordmalis, die unter der radikal-islamistischen Besatzung zu leiden hat. The Gap präsentiert die Österreich-Premiere des Films, der im vergangenen Jahr beim South By Southwest Festival in Austin, Texas, uraufgeführt worden ist.
Folter oder Exil
Als Jihadisten 2012 die Kontrolle über die Region übernahmen, wurde der Bevölkerung dort eine der strengsten Interpretationen der Sharia, des islamischen Rechts, aufgezwungen. So gut wie jede Form von Musik und ihre Ausübung wurden verboten, Radiosender zugesperrt, wenn nicht überhaupt zerstört. Sich gegen die Jihadisten aufzulehnen, bedeutete Folter oder Schlimmeres. Wer nicht bereit war sich anzupassen und weiterhin Musik machen wollte, musste ins Exil gehen. Für eine Gesellschaft, in der Musik zur Erziehung und auch – wie es die porträtierten Künstler beschreiben – als Ersatz für die Presse genutzt wird, eine unvorstellbare Situation.
Musik steht in „They Will Have To Kill Us First“ in krassem Gegensatz zu Zerstörung, Folter und Mord. Sie ist nicht nur Unterhaltungsmittel, sondern die Seele der malischen Kultur. Johanna Schwartz porträtiert ins Exil geflohene Musikerinnen und Musiker, sie zeigt diese im Gespräch wie auch bei leidenschaftlichen, geradezu trotzigen Auftritten. Gefilmt wurde unter anderem in Flüchtlingscamps sowie auf den vom Krieg zerstörten Straßen Timbuktus und Gaos. Der Soundtrack des Films ist geprägt von den wichtigsten Genres der malischen Musikkultur – von Soul, Rap und Blues.
„They Will Have To Kill Us First“ ist das beeindruckende Porträt einer Gesellschaft, die sich ihr wichtigstes Kommunikationsmittel auch unter Androhung von Mord und Folter nicht entziehen lässt. Die Waffe ist hier nicht der Hass oder die Auflehnung per se, sondern die Musik.
In „Song Of Lahore“, einem weiteren Film der heurigen Poolinale, wird die Verbindung von pakistanischer Kultur und amerikanischem Jazz in Zeiten der Unterdrückung durch die Taliban gezeigt. „Don’t Think I’ve Forgotten“ wiederum widmet sich der Rock-’n’-Roll-Szene der 60er- und 70er-Jahre in Kambodscha, die durch die Roten Khmer bedroht wurde.
Von Amy bis Ziggy
Wie auch in den Jahren zuvor versucht die Poolinale über verschiedenste Musikszenen und -genres zu berichten, so dreht sich etwa in „Wendeklang“ alles um den Aufstieg der elektronischen Musik rund um den Mauerfall. Eine Handvoll Filme beschäftigt sich mit großen Persönlichkeiten, die teils erst kürzlich verstorben sind. Gezeigt werden etwa die Phife Dawg gewidmete A-Tribe-Called-Quest-Dokumentation „Beats, Rhymes & Life“, „Amy“ sowie „Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“. Ein kleines Highlight gibt es Samstagabend, wenn mit „Bilderbuch: Schick Schock Tour 2015“ ein Konzertfilm aus der Wiener Arena seine Premiere auf der großen Leinwand feiert.
Die Poolinale findet von 14. bis 17. April 2016 statt. Mit Ausnahme von „Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“, der im Gartenbaukino gezeigt wird, sind alle Filme im im Wiener Top Kino zu sehen. Die beiden von The Gap präsentierten Vorstellungen von „They Will Have To Kill Us First“ laufen am 15. bzw. 16. April. Alle näheren Infos unter www.poolinale.at.