Alte, arrivierte Rockstars aktivieren gerne Ahnen, mit den sie sich in einer Reihe sehen und die sie an die große Tradition anbinden. Für Eric Clapton war das immer Robert Johnson, für Bruce Springsteen ist es nun Pete Seeger, was als Wahl doch überrascht, war doch der inzwischen 87-jährige US-Folkpionier jener radikale Purist, der Bob Dylan […]
Alte, arrivierte Rockstars aktivieren gerne Ahnen, mit den sie sich in einer Reihe sehen und die sie an die große Tradition anbinden. Für Eric Clapton war das immer Robert Johnson, für Bruce Springsteen ist es nun Pete Seeger, was als Wahl doch überrascht, war doch der inzwischen 87-jährige US-Folkpionier jener radikale Purist, der Bob Dylan 1965 beim Newport Folk-Festival das elektrische Verstärkerkabel durchschnitt. Für sein vorjähriges Seeger-Tribute-Album „We Shall Overcome …“ arbeitete der Boss mit einem guten Dutzend Musikern aus der Jersey-Szene, die alle auch bei diesem Live-Mitschnitt auf der Bühne standen. Also keine Spur von E-Street Band mit röhrendem Saxofon und hämmerndem Piano, dafür reißt einen vom allerersten Moment der Ungestüm von rumpelndem Waschbrett, Banjo, Mandoline und Country-Fiddle aus dem Sessel – und Springsteen mit rauher Kehle und unbändiger Leidenschaft all diese alten Traditionals an sich, als hätte er nie etwas anderes als Folk gemacht. Mit jedem der 23 Songs holt Springsteen ein hymnisches Original auf die feuchten Sägespäne seiner ureigenen Tanzhalle: Beseelt scheppern Bläser wie eine Dixie Marching Band, aberwitziges Bluegrass-Tempo und Call-and-response-Chöre versorgen das Publikum mit der nötigen Euphorie. Der schwungvollste und spielfreudigste Springsteen seit „Born In The USA“, was besonders am mitreißenden Drive seiner eigenen Lieder („Atlantic City“, „Blinded By The Light“) zu spüren ist.