Musikalisches Weltkulturerbe

Nicht wenige der Mutmach-Lieder von Pete Seeger haben längst einen Platz in der Ruhmeshalle der populären Musik. Er war das Gedächtnis des Folks.

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Als „lebendes Archiv von Amerikas Musik und Gewissen“ bezeichnete vor einigen Jahren Bruce Springsteen den Folk-Musiker und Polit-Aktivisten Pete Seeger. Mehr als 100 Alben hat er in sechs Jahrzehnten veröffentlicht, zu seinen bekanntesten Liedern zählen „Turn! Turn! Turn!“ , „If I Had A Hammer“ und „Little Boxes“. Aus einem Gospelsong machte er „We Shall Overcome“, die Hymne der Bürgerrechtsbewegung der 50er und 60er Jahre, und zur Melodie eines russischen Volkslieds schrieb er das weltweit übersetzte Friedenslied „Where Have All The Flowers Gone“. Er hatte Traditionals im Programm, Blues und Rags ebenso wie zart-traurige Folksongs.

Linker Idealist mit enzyklopädischem Song-Gedächtnis

Mit ungestillter Leidenschaft für authentische Traditionals und stets politisch bewegt hat Pete Seeger sein langes Leben bis zum Schluss durchschritten. Seinen frühen Wurzeln lagen im Archive of American Folksong, das John Lomax in den 30er Jahren im Rahmen der Library of Congress eingerichtet hatte. Bereits als 20-Jähriger nahm Seeger dort einen Job an und widmete sich dem Sammeln von US-Volksliedern und Südstaaten-Blues.

Kurze Zeit später wurde er selbst zu einer zentralen Figur dieser Musik: Mit seinem fünfsaitigen Banjo spielte er bald auch eigene Lieder, in denen er Rassendiskriminierung und Ausbeutung anprangerte, das harte Leben der Arbeiter und Farmer, das Elend der Tramps und die Einsamkeit der Cowboys. 1941 gründete er mit Woody Guthrie The Almanac Singers, 1948 The Weavers. Mit diesen einflussreichen Gruppen stand er an der Spitze eines amerikanischen Folk-Revivals. Die kritischen Texte seiner Friedens- und Gewerkschaftslieder brachten ihm bald auch die Aufmerksamkeit des FBI ein. Seeger war hin- und hergerissen zwischen den Ideen der Pazifisten, Sozialisten und Kommunisten, er sang für Bürgerrechte und die Arbeiterbewegung.

In der McCarthy-Ära geriet Seeger wegen seines politischen Engagements unter Druck: 1955 wurde er vor das „Komitee für unamerikanische Aktivitäten“ zitiert. Er verweigerte die Aussage, wurde der subversiven Tätigkeit für schuldig befunden und mit Auftrittsverbot belegt. In der Folge boykottierten die kommerziellen US-Medien jahrelang Seegers Musik, doch als Aktivist protestierte dieser mit seinen Liedern weiterhin unermüdlich gegen die Rassentrennung, gegen die Diktatur in Spanien, gegen den Vietnam-Krieg und engagierte sich für den Umweltschutz. 2011 sang er in New York mit Anhängern der „Occupy Wall Street“-Bewegung. Für ihn war Musik nicht Unterhaltung, sondern Mission. Und mit dieser Haltung prägte er stets den Zeitgeist. „Mein Job ist es, zu zeigen, dass es gute Musik auf dieser Erde gibt und dass sie helfen kann, den Planeten zu retten, wenn sie richtig eingesetzt wird“, sagte Seeger 2009 in einem Interview mit der New York Times.

Wenige Stunden nach der diesjährigen Grammy-Verleihung, bei der er mit seinem Album „Storm King“ in der Kategorie „Spoken Word“ dem Komiker Stephen Colbert unterlag, ist Pete Seeger im Alter von 94 Jahren in einem New Yorker Krankenhaus gestorben.

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