Lady Gaga ist der zeitgerechte Gipfelpunkt von Pop: widersprüchlich, artifiziell, tanzbar, hybrid, technisch aufgerüstet – alles an Bord.
Als Lady Gaga vor einem Jahr in ihrem Latexoverall und mit ihrem platinblonden Haarteil angestürmt kam war noch kaum abzusehen, wohin es mit dem Debüt der New Yorkerin gehen sollte. Man konnte wohl glauben: Noch eine von diesen regelmäßig ausgespuckten, aus der Schablone geschnittenen, mit halbgarem Songmaterial ausgestatteten Busenhalterinnen. Nun, man hatte arg Unrecht. Lady Gaga hatte offenbar nicht nur genaue Leitvorstellungen davon, wie ihr Gesamtauftritt aussehen sollte und ein breites Wissen um Pop und Style, nein, kaum einmal wurde in den letzten zehn Jahren auf so breiter Front im Rahmen von Pop über den Autokannibalismus von Ruhm und Erfolg gesungen. Lady Gaga inszeniert mit aufwendigen Mitteln ein Welttheater von destruktiven, gegenseitigen Abhängigkeiten und Lust. Sie macht Videos so, als gäbe es keine Budget- und Kreativprobleme. Sie kokettierte zudem mit Bisexualität, was sie wohl auch für viele kritische Geister akzeptabel oder interessant machte; während sie gleichzeitig auf dem Rummel und der Großraumdisco rotierte. Jetzt folgen dem Album „The Fame“ noch acht zusätzliche Tracks als Deluxe Edition nach. Allesamt tragen sie mittlerweile diese Aura von luxuriöser Verzweiflung mit sich, klingen nach Lady Gaga. Sie sind mit breitwandigen Synths und widersprüchlichen Phrasen vollgestopft. So groß kann Pop im Jahr 2010 sein. Bei Lady Gaga ragt er aus dem Leben heraus und reflektiert mit spitzen Fiktionen gleichzeitig den gesellschaftlichen Alltag.