DJ-Kicks

James Holden überspannt elektronisch-hypnotische Galaxien abseits gerader Beats, während Juan MacLean den House mit zwei Decks mitten auf den Floor knallt.

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Zwei neue DJ Kicks-Alben also. Beide steuern in entgegengesetzte Richtungen weg von dem, was die längste Zeit als guter Tonfall eines DJ-Mixes galt, ihn nämlich auf möglichst alle Hörsituationen abzustimmen: Von der Party daheim, dem Weg in die Arbeit, dem Entwerfen des neuen Architekturprojekts, beim kühlen Blonden nachher, unter der Dusche, beim aufmerksamen Hören bis hin zum Jogging. Wenn die formschön gemischten Platten in diesen Situationen ähnlich gut funktionierten, sich die Waage aus künstlerisch anspruchsvollen und angenehm schiebenden Tracks hielten, war die Visitenkarte für den DJ perfekt. Sowohl James Holden als auch Juan MacLean haben dieses Ziel aufgegeben. James Holden geht den Weg des raum- und weltgreifenden, künstlerischen DJ-Mixes, während Juan MacLean sich direkt an zwei Vinyl-Decks stellt und wohl am liebsten gleich den ganzen Tanzboden mit eingepackt hätte.

James Holden, Chef des britischen Labels Border Community, hat das Die-Hörer- mit-auf-eine-Reise-Nehmen etwas sehr wörtlich genommen. Er steuert über Stationen wie Caribou, Mogwai und Kieran Hebden (Four Tet) rauschend retro-futuristische Klangwelten an und schleudert kosmische Sound-Spiralen von sich. Als Beat dient meistens nur das konstante Arpeggio einzelner Synths oder ein Geräusch-Puls. Zitathafte, hypnotische Sounds sind Holden deutlich wichtiger als funktionale Beats für die Party. Weil die Facetten dieser Welt aber mehr im Dialog mit der Vergangenheit als mit der Zukunft stehen, überzeugt dieser Teil der DJ Kicks-Reihe nicht restlos. Außerhalb der Laborbedingungen am Rechner wäre ein technisch so makelloser Mix zudem kaum zu realisieren.

Juan MacLean startet stattdessen zwei Turntables und drückt den Aufnahme-Knopf. Und steigt sofort bei der Primetime ein. Eine Minute Intro reichen, um verschwitzte Stimmen, House-Pianos, pumpende Bässe und notgeile Hi-Hats aufzufahren. MacLeans Disco-Album auf DFA Records konnte letztes Jahr bis auf die Single „Happy House“ eigentlich wenig Echo erzeugen. Mit purem House, meistens schwul und gnadenlos hedonistisch, aber immer mit Bewusstsein um die historischen und sozialen Wurzeln dieser Musik, wetzt er jetzt die Scharte locker aus.

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