Treats

BOOM.

Stell dir vor, Metal und R’n’B machen eine Blockparty und der Limiter ist im Arsch.

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Bei den Sleigh Bells knicken derzeit den MP3-Junkies und den alten Medien gleichermaßen die Knie ein. Lautstärke lautet das Zauberwort, aber nicht noch mehr davon, sondern viel, aber anders, als man das bisher kennt. Dabei verkitten Sleigh Bells – Alexis Krauss und Derek Miller aus Brooklyn – verschiedenste sonische Partikel, ohne dass man den einen klaren, musikalischen Bezugspunkt ausmachen könnte. Das klingt grob so, als ob die Beastie Boys – Phase „Check Your Head“ – und Amerie die Verzerrer auf 11 drehen oder Atari Teenage Riot und Wiley ihren Sinn für Humor entdecken würden. Und dann doch so anders, dass innerhalb der nächsten 3 ½ Wochen ein Name für den wuchtigen Sound her muss. Noise Hop, Hip Gaze, Boom Music – das alles greift kurz. Denn Sleigh Bells sprengen die Ohren mit Lautstärke auf und putzen im selben Atemzug auch noch einige Gehirnwindungen durch.

Im Auftrag von Übersteuerung und Lautstärke wurden in den letzten Jahren schon viele Liter Ohrenblut vergossen. Bands wie Times New Viking, Titus Andronicus oder die Fuck Buttons brachten die digitalen Abspielsysteme an ihre physischen Grenzen. Auch die Franzosen vom Ed Banger-Label testeten das Trägermedium MP3 auf seine Belastbarkeit. Sie alle trieben und treiben eine technische Entwicklung auf die Spitze, die als „Loudness War“ audiophilen Hörern die wertesten Trommelfelle erzittern lässt. In den vergangenen 20 Jahren wurden nämlich auch leisere Songpassagen zunehmend per Mouseklick verstärkt. Kehrseite der Scheibe: Deutlich weniger Dynamik und ein lästiges „Pumpen“ der Soundkompression. Der Pegel ist heute oft konstant am Limit, die Tracks sind mit Signalen zubetoniert. Wenn sich nun die Sleigh Bells mit den technologischen Voraussetzungen spielen, unterwandern sie den alltäglichen Überschall und tun das generell weit weg von geraden Beats und schnalzenden Dancepunk-Snares. Sie lassen immer wieder Löcher in den Songs aufreißen, reduzieren die Spuren, nur um dann wieder am Anschlag brutale Laptop-Beats unter die süß-coolen R’n’B-Vocals von Alexis Krauss zu legen. Sleigh Bells finden dabei eine magische Balance zwischen Härte und Geschmeidigkeit, zwischen Dichte und Coolness. Nur dass sich all die sonische Zappelei so gar nicht in den Texten wiederfindet, ist ein allerdings verschmerzbarer Schönheitsfehler.

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