50 Words For Snow

Die Avant Pop-Königin blickt tief in die Schneekugel. Das ist gewohnt eigenwillig und lässt gepolsterte Schneekristalle leise auf das Trommelfell rieseln.

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Kate Bush war immer schon auf der exzentrischeren Seite von Pop zuhause. Ihre Alben aus den späten Siebzigern und frühen Achtzigern waren in den letzten paar Jahren Independent-Musik ein ständiger Referenzpunkt, waren experimentell und poppig. Kate Bush nahm dabei mit ihrer unkompromittierbaren Vision eine Ausnahmestellung ein. Das war schon früher so und hatte sich auch später mit „Aerial“ (2005) nicht geändert. Wenn sich sechs Jahre später nun ihre Songs auf durchschnittlich neun Minuten ausdehnen, hat sie damit zwar die Konventionen des Formatradios verlassen, aber mehr auch noch nicht. Im Unterschied zu Scott Walker taucht sie aus dem Pop kommend nicht im Labor ab („Tilt“), sie ist eigenwillig, aber dennoch zugänglich. Der Grundsound dieser Winterplatte ist gedämpft wie tief verschneites Land, wie eine Lambchop-Platte ohne Sonne. Ein Besen klopft sanft ans Trommelfell, Bässe pulsieren weich im Untergrund, in den Höhen rieseln Legato-Pianos und glitzernde Gitarren durch die Songs.

Für abseitige Themen und unkonventionelle Tunnelungen dorthin war Kate Bush bisher schon bekannt, seien es nun Geschichten über Wolkenmacher, Fragen der Fiktion mit Ulysses-Bezügen in „The Sensual World“ oder über Inzest mit ungewollter Schwangerschaft („The Kick Inside“). Da ist jetzt ein Album über Schnee gerade abgedreht genug. Selbst aus einem Song wie „Misty“ – über eine Nacht mit einem Schneemann – schält Kate Bush immer wieder zauberhafte Momente aus einem Strom von niederschwelligen Melodieimpulsen heraus. „50 Words For Snow“ setzt die albernen Idee 50 Umschreibungen für Schnee als Grundlage eines Textes zu verwenden, in harsche atmosphärische Schwankungen um. Was bei Joni Mitchell in langweiliger Traumfänger-Poesie geendet hätte, gießt die mittlerweile 53-jährige Kate Bush in zarte, schwer duftende Klangschalen. Die Presse ist sich einig: Meisterwerk. Wenn Subtilität dafür der einzige Maßstab sein sollte: ja.

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