Kühler Soul und digitaler Dub treffen auf Juke-beeinflussten britischen Elektronik-Sound und alle kommen gut miteinander aus.
Die Britin Merrisa Campbell bringt nach einigen positiv aufgenommenen Singles und EPs ihr Debüt auf dem Qualitätslabel Hyperdub heraus. Dass die britische Elektronik-/ Dance-Szene unbestreitbar zu den fruchtbarsten und kreativsten der Welt zählt, macht es nicht wirklich leicht etwas abzuliefern das da noch heraussticht. Passiert hier auch nicht. Es ist einfach nur ein gutes Album geworden auf dem Campbell ihr soulig-weiches Organ in Tracks einbettet, die – bei aller Verwurzelung in dem was auf gehobenen englischen Dancefloors zwischen den aktuellsten Veredelungen von UK Funky, experimentellerem House, der Minimalvariante von Dubstep (mit Betonung auf Dub) und der Inselversion von Juke so passiert – gewisse Home Listening-Qualitäten haben.
Manche der verwendeten Synths erinnern an die Zeit des Übergangs von Jungle zu darkem Drum & Bass, aber statt dem rollenden, hektischen Funk von Amenbreaks gibt es eben jetzt den eckig-synkopierten, hektischen Funk von Juke, der für die clevere englische Dance-Elite wohl für den Moment die bevorzugte Straßenerdung zu sein scheint. Für Menschen mit Techno- oder Elektrosozialisation praktisch zum andocken. Für andere könnte es immer noch etwas schwierig sein dem Stakkatofeuerwerk von aseptisch klingenden klassischen Drummachinesounds, die über die meist auf halber Geschwindigkeit dahingleitenden Vocals, Flächen und Chords durchrasseln, etwas abzugewinnen.
Zwischen den Polen strikter Patternprogrammierung und offensiverer Abstraktion beim Timing wird auf den Versuch der Rhythmussektion durch ein wenig – zumindest angetäuschten – menschlichen Swing die Schärfe zu nehmen, bereitwillig verzichtet. Eh auch schön. Unterstreicht die distanzierte Melancholie der Tracks noch. Herausstechend: der kühle Dub in Moll von "Sunshine" und die Coldplay(!)-Coverversion "Trouble" bei der der Pop-Balladenkitsch des Originals ohne Ironie in ein auffrisiertes und upgedatetes Stück 90er Chillout-Kitsch übersetzt wurde.