Fleischmanns Neue schickt viel lieber Schauer über die Haut, als darunter zu gehen. Eine Platte wie ein Spaziergang durch kaltes Wasser.
Geschichten, die sich im Kopf zu Bildern formen, und Fleischmanns gehauchter Gesang lassen glauben, »I’m Not Ready For The Grave Yet« könnte eine herzerwärmende Platte werden. Ganz so ist es nicht. Diskussionen um Genrebezeichnungen wären hier genauso unangebracht wie solche um die Komplexität der Songs – »I’m Not Ready For The Grave Yet« will als Ganzes betrachtet werden. Das heißt nicht, dass keine Hits darauf zu finden sind. »Don’t Follow«, der Opener, rumpelt unverkennlich los und gibt sich als gute Wegbeschreibung für die nächste Dreiviertelstunde. Die Gitarren, eingebettet in kühles, elektronisches Geflicker, schaffen eine gewisse Distanz zum Hörer und machen es schwierig, in die Musik einzutauchen. Das Album vermittelt eine unaufgeregte Nüchternheit, die man Herrn Fleischmann ohne Weiteres als Coolness abkauft.
Man kann nun noch so viel aufgezwungene Ignoranz an den Tag legen; das Gefühl, das alles schon einmal gehört zu haben, lässt einen nicht los. Kenner der Vorgängeralben werden wissen, woher dieses Gefühl kommt, andere erinnern sich an The Notwist oder vielleicht sogar an "Kid A". Als ein Fleischmannsches Werk ist es definitiv erkennbar, allerdings weiß man in ein paar Jahren nicht mehr, auf welchem Album dieser eine Song jetzt wirklich war. Fleischmann ist bereits beim neunten Longplayer angekommen, dem ersten seit vier Jahren; hat auf der zweiten Platte "Welcome Tourist" seinen Sound gefunden, diesen etwas verfeinert, aber nie wirklich weiterentwickelt. Seine Texte sind da schon etwas fortschrittlicher. Fleischmann macht sich Gedanken über Dinge, die einen wohl erst jenseits der 40 beschäftigen. Kommt da jemand in die Jahre? Man hört ihm jedenfalls gerne zu und manchmal nickt man verständnisvoll, wenn man das nicht sowieso schon des Beats wegen macht.