Rare Chandeliers

Die Mixtapes von Action Bronson sind wie Sexploitation-Filme, die sich reimen. Dass sie sich dessen bewusst sind, macht sie keine Spur weniger absurd und dicht. Bruder, hol das Popcorn raus.

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Action Bronson beklaut Nutten, sabbert, fährt auch mal VW Passat, schlägt Frauen oder tötet sie, hat einen äußerst feinen Gaumen und einen furchtbaren Geschmack, und überhaupt ist Action Bronson ziemlich gestört. Richtig gut finden sollte man diesen verpeilten Bär als Mensch mit Matura also nicht, außer man hat eine Schwäche für derbe Beats und derbe Charaktere. Action Bronson hat beides, reichlich. Er ist irgendwo am untersten Rand der Gesellschaft angekommen und gibt mit Gucci, Kaviar und billigen Lederanzügen an. Immer wieder bringt er punktgenau Ober- und Unterschicht durcheinander. Er ist wie ein Loch im System, er dehnt die Spielregeln nach unten und nach oben, übertreibt maßlos, macht Bling und Bravado mit einem mächtigen Knacks. Ja, man darf dabei auch lachen. Oder mit dem Kopf nicken.

Der wuchtige Bass und die Samples dazu kommen auf »Rare Chandelier« von The Alchemist, der vor allem deepen Funk und rohes Blaxploitation-Treibgut arg geschmeidig zusammenkratzt. Die Bläser sind butterweich, die Streicher kitzeln an den Nervenspitzen und das Rhodes-Piano massiert das Zwerchfell. Stoner-Rap wurde das letztens ganz treffend genannt; aber auch kritisiert, dass die Tracks den Charakter von Action Bronson nicht verstärken. Auf dem Mixtape »Blue Chips« reimte er vor einem halben Jahr noch über Frauenchöre und zarten Männerschmelz aus den 50ern, über Science-Fiction-Synths oder Schwanzrock. Das aktuelle Tape ist viel klassischer, New York, 90er. Und es funktioniert auch auf guten Boxen.

Im echten Leben waren Action Bronsons Eltern albanische Immigranten, er selbst Grillchef bei den New York Mets. Sein allerliebstes Fleisch ist allerdings ein rauchbares Kraut, für das er scheinbar mehr als tausend Rezepte und Wörter kennt. Seine Reime spucken denselben Rauch aus, gepaart mit etwas Duft aus dem Schritt, genau der Mischung also, die auch schon Grand Theft Auto oder die Sexfilme von Russ Meyers so magnetisch macht. Was die Zeitschrift Cinema über Russ Meyers’ Streifen »Supervixens« schreibt, trifft Action Bronson ähnlich präzise: »brutal, verstörend und voller Ironie.« Kein Wunder, dass so viel schlechter Einfluss auf Vice Records gelandet ist.

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