Lescop

Das Immerweiter hat Pop gerade abgeschafft. Also haut dieser Franzose eben Neon-Songs mit unglaublicher Präzision raus, die erst gar nicht versuchen aus dem Schatten von Joy Division zu treten.

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Nach den allerersten Takten von „La Foret“ könnten noch New Rave-Bässe einsetzen – die stark komprimierten Drums hat man sich von den französischen Brüdern von Ed Banger und Kitsuné geliehen. Die Single von Lescop wurde auch ausgefuchst in DJ-Kreiseln lanciert. Aber sonst halten sich die Neuerungen in Grenzen, vermutlich wurden sie sogar absichtlich abgeschafft. Man scheint sich gedacht zu haben, vielleicht hat man sogar gefühlt, dass ein starkes Image besser ist, das zwar ein paar Jahrzehnte alt ist und auf einbetonierten Bildern und Sounds von frühestem Indiepop aufbaut, als ein Image, das austauschbar ist. „Los Angeles“ schreit so sehr Cure, Indochine und Joy Division, dass die Band dafür vor zwanzig Jahren mit nassen Fetzen durch einen mit flackerndem Neonlicht dürftig ausgeleuchteten Gang getrieben worden wäre. Im eindringlichen Video zu „La Foret“ fehlen eigentlich nur die nassen Fetzen. Es besteht fast nur aus Haut und Schatten und lässt dank Untertiteln keine Zweifel darüber, dass Lescop ein begnadeter Texter ist.

Man erwartet sich ja ohnehin nicht mehr zwingend etwas Neues, die Newcomer klingen wie jene alten Männer, die mit ihren Alben die Charts dominieren, weil ihre Fans die letzten Kasperln sind, die noch Musik kaufen. Und Lescop bekommt all das ja tadellos hin. Das finstere, entschlossene, fast panische Gesicht, die eisigen Synths, die drahtigen Bässe, die hypnotischen Trommeln, die distanzierte Arroganz und die nächtlichen Irrfahrten durch postindustrielle Gefühle. Noch dazu ist Lescops Debüt außergewöhnlich kristallin produziert, da ist wie an einem durch die Zumutungen der Gegenwart ausgezehrten Körper kein einziges Gramm Fett zu viel.

Also tut man so, als hätte das Relevanz, Relevanz über den Umstand hinaus, dass Lescop ziemlich gute Songs schreibt, aber sich mit einer eigenen Ästhetik erst einmal bis zum Nachfolger Zeit lässt. Challenge accepted.

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