Auch wenn man mit beiden Präsidentschaftsanwärtern nicht unbedingt auf ein Bier gehen mag. Man muss es doch in aller Deutlichkeit sagen: Norbert G. Hofer ist der Kandidat derer, die hassen.
Es war einmal ein Kandidat, der sich selbst als nicht geeignet, weil zu jung für das Präsidentenamt erachtete. Ach, das Alter!
Als ob es das Alter wäre, das Norbert G. Hofer – noch ein bisschen braun hinter den Ohren vielleicht – so ungeeignet machte, um uns Österreicher als Ersatzkaiser zu repräsentieren. Mittlerweile sind ein paar Halbmonde ins Land gezogen. Und ein paar Wahlgänge später ist der gute Norbert, erklärte er selbst letztens ganz stolz im Rotfunk, natürlich reifer geworden. Reif fürs höchste Amt im Staat.
Dabei gibt es doch einiges, das Norbert G. Hofer dafür disqualifiziert. Das G-Punkt im Namen steht zwar für Gerwald. Es ließe sich allerdings auch als German oder besser als Germania lesen. Schließlich ist Hofer Mitglied der völkischen Burschenschaft Marko-Germania, eines strammrechten Herrenbundes, von welchem wir wissen, dass er sich – Landesgrenzen hin, Staatsvertrag her – dem deutschen Vaterland verpflichtet fühlt. Der G-Punkt als Ariernachweis väterlicherseits, gewissermaßen. Die Mutter- und Mädelsprache ist da naturgemäß Deutsch. Wer Mister Hofer Englisch sprechen hören möchte, möge rasch »Norbert Hofer Englisch« googlen und darf sich dann kurz den Grinser des Kandidaten ausborgen. Stimmt schon, besser als Richard Lugner hat ers eh drauf. Und dass Hofer wie dieser Deutsch und Englisch mischt, macht ihn einmal mehr zum Mann des – deutschen – Volkes. Wir merken: Da steht einer zu seiner Kultur.
Sonst ist er weniger reif als vielmehr betont sanftmütig geworden. Der fesche Synthie-Grinser sitzt als wäre er ein Muskelleiden. Der Mann muss selbst im Schlaf frohlocken. Und wie er das mit dem Zähneputzen hinkriegt, ein Rätsel in der Sonntagskrone.
Was macht Van der Bellen am Klo? – Wahrscheinlich eine rauchen. Und Hofer? – Der grinst.
The Grinser is the message
Ich lächle, also bin ich doch eh nicht so übel wie die alle tun. Lügenpresse, bitteschön! Die werden sich noch wundern, was alles möglich ist! Sein an der Sache vorbeiredendes NLP-Gesäusel ist ohnehin inhaltsleer wie Fahrstuhlmusik. Dafür gibt er mit geduldigem Dackelblick artig Pfote und beweist, dass seine Heimatpartei nicht bloß aus Dobermännern, Pitbulls, Deutschen Schäfern und Rottweilern besteht. Ein burgenländisch-deutscher Bursche hat Kreide geschluckt.
Natürlich: Über all das könnte man ebendieses belächelnd hinwegsehen. Schließlich sind all die Wimpel und Fechtkutten doch nichts als Folklore aus vormodernen Jahrhunderten. Immerhin interessiert sich der Mann für Solarenergie! Und ist es nicht genauso befremdlich und hingebogen wenn der andere Kandidat plötzlich im Trachtenjanker antanzt?
Natürlich ist VDB auf seine Art weltfremd. Der Mann ist Uni-Professor, ein Intellektueller, kein Party-DJ. Und: ja, er ist ein Mann der Eliten. Auf ein paar Tschikzüge, vielleicht sogar mit einem derben Spaß, auf eine Melange mit Van der Bellen, das ist denkbar. Aber machen wir uns nichts vor: Man möchte mit beiden Kandidaten nicht auf ein Bier gehen. Zumindest ich nicht.
Darum geht es aber auch gar nicht. Ich möchte bloß einen Bundespräsidenten – und nötigenfalls wähle ich ihn auch zehn Mal – für den ich mich auch im Ausland nicht genieren muss. Gerwalds Partei vertritt vor allem die Angst und das, was der deutsche Philosoph Philipp Blom »den autoritären Traum« nennt. Dem gegenüber steht »der liberale Traum« – und ein der Aufklärung verpflichteter Wirtschaftsprofessor. Ich gestehe: Wer sich da nicht eindeutig bekennt, der macht mir Angst. Wer hier zaudert, ist ein unsicherer Zeitgenosse, ein potenzieller Umfaller.
Auch das Personenkomitee Norbert G. Hofers ist ein Gruselkabinett, das Manfred Deix selig nicht besser hinbekommen hätte: der aus dem All gefallene Red-Bull-Stuntman, KHG, Stronachs Kasperln, ein fundamentalistischer katholischer Weihbischof und Andreas Unterberger (ein einst honoriger Journalist, der aus Weltekel und Zynismus über den rechten Rand hinausgeglitten ist). Gebrochene, aggressive alte Männer, frustriert und mit der Welt im Unreinen.
Da wirkt es fast ein wenig absurd, dass die Nahost-Auskennerin Karin Kneissl ausgerechnet vor "zornigen jungen Männern" warnt, wenn sie auf Wahlkampf-Tour für den rechten Kandidaten Stimmung macht und vor gestrigen Frauenbildern warnt. Wäre interessant zu wissen, wie sie dazu steht, dass sie sich der Recken’ Weltbild folgend stattdessen eigentlich ihrer Natur gemäß der "Brutpflege" widmen sollte.
Jedenfalls: Wer sich die Zeit nimmt, um etwa auf Facebook zu sehen, wer sich da Hofer als starken Mann wünscht, muss entsetzt sein. Es ist ein Mob, geifernd, getrieben von Angst und Hass. Menschen mit Gewaltfantasien, die Andersdenkende erschießen wollen, von Hinrichtungen träumen; Menschen, die abgrundtief hassen. Norbert Gerwald Hofer ist ihr Kandidat, er repräsentiert den schlechten Atem der Gesellschaft – und nie hat er sich davon glaubwürdig distanziert. Stattdessen biedert er sich Rechtsextremen, Autokraten und Diktatoren an.
Man muss also wirklich kein Fan von Alexander Van der Bellen sein, um in ihm den geeigneten Kandidaten zu sehen.
Und nein, zum Lachen ist das alles nicht.
Thomas Weber, der Herausgeber von The Gap, twittert hier: @th_weber.