Two Door Cinema Club haben in ihrer kreativen Pause zu sich selbst gefunden. Nun sind sie zurück und Bassist Kevin Baird erzählt von dem Glück, wieder auf der Bühne zu stehen.
Mitte Oktober erscheint das lang erwartete dritte Studioalbum von Two Door Cinema Club unter dem Titel "Gameshow", auf dem die Band erstmals ein wenig das Tempo rausnimmt, den Blick auf die Tanzfläche aber nicht verliert. Vorher war es lange Zeit ruhig um die drei irischen Indie-Größen gewesen, zwischendurch hatten sie sechs Monate gar keinen Kontakt untereinander und kurz hatte es so ausgesehen, als würde es gar nicht weitergehen mit der Band. Doch die Musik hat sie wieder zusammengebracht. Ein Glück für die Tanzflächen der Indie-Clubs.
Vier Jahre sind nun seit eurem letzten Album "Beacon" vergangen. Wie war es in der Zwischenzeit für euch?
Kevin Baird: Die Zeit hat es auf jeden Fall gebraucht. Zwischen den ersten beiden Alben haben wir uns keine Pause gegönnt, wir haben noch mit dem ersten Album getourt, als wir schon das zweite geschrieben haben. Wir haben uns im Kreis gedreht und brauchten unbedingt eine Auszeit. Ich will mich nicht beklagen, denn wir haben ein großartiges Leben, aber es gibt auch gewisse Erwartungen und Hürden, dass man gleich aussieht, dass man das Gleiche sagt und immer miteinander auskommt. Aber natürlich gibt es auch unterschiedliche Meinungen, darüber, was wir machen sollten und was nicht – es war uns immer sehr wichtig, die zu haben. Nach der letzten Tour war die Pause einfach unumgänglich.
Ihr hattet sechs Monate überhaupt keinen Kontakt mit einander, das ist ein starker Kontrast, wenn man vorher 24/7 zusammen ist.
Es mal war erst mal merkwürdig, denn unser Leben wurde von der Band definiert. Plötzlich hat von einem auf den anderen Moment die Band quasi nicht mehr existiert. Daran musst du dich erst mal gewöhnen, wenn du vorher immer der eine Typ aus dieser einen Band bist. Das wollten wir unterbinden und wieder für uns selbst als Individuum sein und Zeit mit den Freunden und der Familie verbringen.
Gab es einen Punkt, an dem ihr über eine Trennung nachgedacht habt?
Wir wussten damals noch nicht, ob die Pause, die wir gemacht haben, kurz, lang oder für immer sein würde. Darüber haben wir auch nicht nachgedacht. Wir wussten nur, dass wir erst einmal Zeit für uns selbst brauchten. Ich kann nur für mich selber sprechen, aber manchmal dachte ich schon, dass es das mit der Band gewesen wäre. Für immer. Zum Glück haben wir aber wieder zueinander gefunden.
"Are We Ready? (Wreck)", die erste Single aus "Gameshow", hat das altbekannte Two-Door-Cinema-Club-Discoflair, beschäftigt sich textlich dennoch mit düsteren Themen und ist sozialkritischer. Euer Sänger und Gitarrist Alex Trimble sagte, er hätte das deutsche Wort Weltschmerz für sich entdeckt. Wie kam es dazu?
Es ist nicht unbedingt sozialkritisch, sondern mehr Alex‘ Blick auf die Welt. Niemand von uns fühlt sich, als hätte er das Recht, jemandem sagen zu können, was richtig und was falsch ist. Es ist nur die Sichtweise einer Person von sieben Milliarden. Für Alex war die Pause sehr wichtig, um zu entdecken, wer er selber ist, und sich selbst zu akzeptieren, so wie er ist und nicht wie andere ihn sehen wollen. Und da hilft es einem sehr, wenn man merkt, dass es andere Leute auf der Welt gab und gibt, die sich ähnlich einsam fühlen und eine ähnliche Sicht auf die Dinge haben.
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Können das fröhliche Discoflair und der Weltschmerz denn Hand in Hand gehen?
Natürlich, das war uns auch wichtig. Bei diesem Album ging es uns nicht nur um den richtigen Tanzbeat, sondern wir hatten auch etwas zu sagen. Bei den beiden Alben vorher standen das Positive und die Schnelligkeit der Songs im Vordergrund. Diesmal war das anders.
Gerade auf euren ersten beiden Alben finden sich etliche Tanznummern, zu denen wahrscheinlich jedes Indie-Girl und jeder Indie-Boy nachts um halb drei leicht angetrunken im Club getanzt hat. Seht ihr das Tanzen als eine Art Befreiung?
Klar, sonst würden wir nicht immer wieder dahin zurückkommen. Die Leute sollen Spaß und eine gute Zeit haben. Früher mussten die Songs bei uns immer schnell sein, doch irgendwann wird das langweilig, und jetzt haben wir versucht andere Einflüsse mit einzubeziehen – wie zum Beispiel afrikanische Rhythmen –, um die Leute auf eine andere Art zum Tanzen zu bekommen.
Schon mal selbst im Club zu eurer Musik getanzt?
Nein. Es ist komisch, wenn dein eigener Song gespielt wird, weil du schon bei Sekunde eins weißt, was jetzt kommt, selbst wenn du nicht richtig hinhörst. Normalerweise gehe ich lieber in eine Bar.
2016 ist ein Trauerjahr für die Popmusik. David Bowie und Prince, die ihr selbst zu euren Einflüssen zählt, sind neben zahlreichen anderen großartigen Musikern verstorben. Erinnerst du dich noch, wo du warst, als du davon erfahren hast?
Als ich von Prince‘ Tod gehört habe, waren wir zusammen in Mexiko und haben ein paar Shows gespielt. Es ist ein großer Verlust für die Musikwelt und auch für die Gesellschaft, aber die Songs werden weiterleben.
Denkst du, irgendwer könnte die Löcher füllen, die sie hinterlassen?
(langes Schweigen) Nein. Das kann und sollte niemand. Wichtig ist, in die Zukunft zu schauen und eine neue Art von Kreativität in der Musik zu schaffen, so wie Bowie und Prince das als Pioniere gemacht haben. Sie haben neue Sachen erfunden und nicht einfach irgendeinen Stil kopiert, sie waren einfach sie selbst.
Ist euch diese Einstellung wichtig für eure Musik?
Ja, sehr. Wir wollen nicht einfach kopieren. Als wir ins Studio gegangen sind, haben wir nicht daran gedacht, ob die Songs im Radio gespielt werden oder ob das Album gekauft wird. Wir wollten uns selber ausdrücken und wenn wir beim Schreiben der Songs an das Geschäftliche gedacht hätten, wären wir nicht zufrieden gewesen. Als Erstes müssen wir die Songs lieben, alles andere ist egal.
Im Frühjahr habt ihr ein paar Shows in Irland unter dem Namen Tudor Cinema Club gespielt – als eure eigene Coverband. Wie kam es dazu?
Zu der Zeit hatten wir seit zwei Jahren keine Show mehr gespielt und es war das erste Mal, dass wir wieder zusammen auf einer Bühne standen. Wir wollten zurück nach Irland und in den gleichen Pubs spielen, in denen wir gespielt haben, als wir 18 Jahre alt waren – ohne Druck und Journalisten, die den Auftritt bewerten. Einfach nur mit ganz viel Spaß. Auch bei den Festivals, die wir diesen Sommer schon gespielt haben, hab ich gemerkt, dass wir uns selbst wieder gefunden haben. Es gibt keine Streitigkeiten und wir haben einfach eine Menge zu lachen.
Das neue Album "Gameshow" von Two Door Cinema Club erscheint am 14. Oktober 2016. Am 19. Februar 2017 ist die irische Indie-Pop-Band live im Gasometer zu sehen.