Arcade Fire legen sich mit „Everything Now“ ihr eigenes Tanzparkett

Die kanadische Band stellt mit Album Nummer fünf abermals Wandlungsfähigkeit, vor allem aber ihre Größe unter Beweis.

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© Guy Aroch

Abgesehen von einer Parade durch die bunten Straßen New Orleans, die Arcade Fire in Gedenken an David Bowie initiierten, ist es vier Jahre lang eher ruhig gewesen um die Kanadier. Dann tauchte vor einigen Wochen wie aus dem Nichts die Single „Everything Now“ auf. Im dazugehörigen Musikvideo präsentiert sich die sechsköpfige Band in einer menschenleeren Wüste und Sänger Win Butler zerlegt mit allerhand Pathos und Abba-Gedächtnismelodie die heutige Mentalität des permanenten, alles umfassenden Besitzenwollens. Was sich in musikalischer Hinsicht auf dem Vorgängeralbum „Reflektor“ bereits ankündigt hat, wird dabei zum Höhepunkt getrieben: Arcade Fire – immer wieder als größte Band der Welt bezeichnet – machen sich selbst zu Ikonen der Tanzfläche.

Wie kommen wir da raus?

Auf ihrem fünften Album „Everything Now“ wird sich am Sein im Jetzt abgearbeitet und gefragt: Wie wollen wir leben? Man mag bezweifeln, dass die heutigen Werte und Ideale zu einem glücklichen Dasein führen, aber ein glückliches Dasein, was ist das schon? Und wenn es das nicht gibt, wie kommen wir da raus? In „Creature Comfort“ wird der Versuch eines Suizids beschrieben, den ein Fan in einer Badewanne herbeiführen will – mit Unterstützung des ersten Albums der Band „Funeral“. Die eigene Musik als Exitstrategie sehen – größer geht es wohl kaum.

Pop und noch mal Pop

Zum fünften Mal haben es Arcade Fire geschafft, sich und ihre Musik neu zu finden. Diesmal: Pop und noch mal Pop. Es gelingt der Band dabei abermals ihre Diversität zu entfalten. Ob Synthiepop („Electric Blue“) oder treibender Rocksong mit Streichern im Hintergrund („Infinite Content“) – Arcade Fire sind Meister vieler Fächer. Das zeigt auch die finale Conclusio des Albums: „We Don’t Deserve Love“. Eine Resignationserklärung mit hymnischer Umarmungskraft. Eines kann die kanadische Band schließlich par excellence: Hymnen schreiben. Hymnen von heute für heute. In 15 Jahren Bandgeschichte haben sie es hingegen immer noch nicht geschafft, den einen Hit zu schreiben, auf den man sie reduzieren könnte, wie es oft bei anderen Bands ihrer Art geschieht. Und das macht sie vielleicht wirklich zur größten Band der Welt.

„Everything Now“ von Arcade Fire erscheint am 28. Juli 2017 bei Sony Music.

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