Kurz vor ihrem ausverkauften Konzert in der Arena Wien haben wir Skunk-Anansie-Sängerin Skin und -Gitarrist Ace zum entspannten Talk getroffen. Dabei sprachen wir über ihr aktuelles Album, Konzertboykotts und den Jungbrunnen Rockmusik.
Wie läuft eure Europatour bisher? Ich habe gesehen, es gibt bereits viele ausverkaufte Shows.
Ace: Fantastisch, unser aktuelles Album „Anarchytecture“ ist letztes Jahr erschienen, damals haben wir nur eine kurze Promo-Tour gemacht, auch ein paar Festivals waren dabei. Und ich denke, dass dadurch die Lust bei den Leuten geweckt wurde, uns live zu sehen. Ausverkaufte Shows sind immer sehr aufregend, weil die Fans schon voller Vorfreude sind.
Skunk Anansie wurde 1994 gegründet und 2001 aufgelöst – 2009 kam es zu einer Reunion. Wie seht ihr diese zwei Bandphasen im Rückblick?
Skin: Es ist zwar dieselbe Band Skunk Anansie, aber es sind zwei unterschiedliche Leben. Die zweite Phase nach der Wiedervereinigung ist viel stärker, vitaler, steht mehr für Zusammenhalt und auch für mehr Spaß. In der ersten Phase gab es natürlich auch Spaß, aber gleichzeitig war es sehr stressig. Als Jugendlicher ist man anders drauf, man weiß noch nicht, wie man Dinge anpackt und auf sich aufpasst. Manche Leute identifizieren sich mehr mit unserer Frühphase, aber ich finde, dass wir jetzt viel bessere Songs schreiben.
Ace: Ich denke mehr in Dekaden. Wir sind nicht nur eine andere Band, wir leben auch in einer anderen Ära mit anderer Technologie. Technologie, die wir uns auch zunutze machen. Wir betreiben unser eigenes Label, kontrollieren alles selbst, vom Artwork bis zum finalen Mix der Musik.
Hat sich eure Art Songs zu schreiben im Laufe der Jahre verändert?
Skin: Wir schreiben viel gemeinsam, manchmal komme ich mit Texten oder Titeln, und wir entwickeln den Rest gemeinsam. In den 90er-Jahren habe ich viele Songs mit Len Arran geschrieben, seit der Wiedervereinigung schreiben wir nur mehr als Band gemeinsam. Wir mögen die alten Songs immer noch, aber manchmal fühlt es sich an, als würde man eine Jeans, die 1995 perfekt gepasst hat, heute noch anziehen.
Ich habe gelesen, dass ihr letztes Jahr ein Konzert in der Türkei absagen musstet.
Ace: Oh ja, um zu vermeiden, dass wir umgebracht werden. (lacht) Im Ernst, in der Nacht davor gab es einen Militärputsch, es war viel zu gefährlich.
Skin: Es wurden über 200 Leute getötet. In so einem Fall müssen wir verantwortungsbewusst handeln. Wir hätten den Gig vielleicht spielen können, aber wir haben auch die Crew und viele Leute, die für uns arbeiten, für die wir auch verantwortlich sind. Wir haben keine Lust, für die Musik zu sterben. (lacht)
Habt ihr auch eine US-Tour geplant?
Skin: Momentan noch nicht, aber wir arbeiten dran.
Das heißt, die aktuelle politische Situation würde euch nicht abhalten, dort zu spielen?
Ace: Nein, denn wir spielen ja für ähnlich Gesinnte.
Skin: Ich bin gegen Boykotts. Als wir Konzerte in Israel oder Südafrika gaben, haben sich einige Leute darüber aufgeregt, dass wir, indem wir dort spielen, die Regierungen unterstützen würden. Das ist Blödsinn. Denn wir spielen nicht für die Regierung, wir spielen für die Menschen. Auch Radiohead spielen Konzerte in Israel, und auch sie spielen nicht für die Regierung, sondern für das Publikum. Mit Amerika ist es dasselbe. Ich bin mit dem jetzigen Regime überhaupt nicht einverstanden, aber das hält mich nicht davon ab, dort aufzutreten. Lieber gebe ich ein subversives Konzert mit antifaschistischen und antirassistischen Botschaften in Amerika, als gar nicht hinzufahren. Als Bush Präsident war, hat uns das auch nicht davon abgehalten, in Amerika zu spielen. Und schau dir unser eigenes Land an, wir haben eine extrem konservative Regierung.
Und dazu die Brexit-Situation.
Skin: Das ist fürchterlich, aber sollen wir aufgrund der Regierung und des Brexits nicht in England spielen? Das wäre sehr bedauerlich.
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