Affine Pt.4: Die Familie

Affine Records ist die derzeit wuseligste Beat-Schmiede Wiens. Ihr hybrider Wonky-Frickel-House-Electro-Jazz-Mutant schreibt am Sound der Stadt mit und ist dabei noch ziemlich einzigartig. Grund genug für das vielleicht ausführlichste Interview aller Zeiten (auf The Gapsite). Labelbetreiber Jamal Hachem über den Magnet, das Business, den dahinter und die Substanz von Affine.

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Affine wird ja schon mitunter als der aktuelle Sound von Wien bezeichnet.

Ja, das hab ich in The Gap gelesen.

(Lacht)

Wir haben das ja abgeschwächt und ich finde das mitunter auch gefährlich.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es gefährlich ist. Wir setzen uns da auch nicht drauf. Ich habe aber kein Problem damit, wenn ich das lese. Ist ja schön, dass darüber geschrieben wird. Was ein Journalist schreibt, kann und will ich nicht verhindern, aber wie man sich selbst präsentiert, hat man sehr wohl in der Hand. Kruder & Dorfmeister haben Mitte der Neunziger durchaus mit den Klischees gespielt. Bei den Trittbrettfahrern ist dann einige Jahre später die große Distanzierungswelle eingetreten, als sie am BPM-Barometer plus 40 eingestellt haben. Ich will und kann mich aber auch gar nicht in die Kruder & Dorfmeister-Disser einreihen. Ihr Erfolg war irrsinnig wichtig für die Stadt, und das kann man völlig wertfrei sagen ohne über ein Tosca-Album schimpfen zu müssen.

Ist Tosca etwa das Schlimmste aus dem Bereich?

Mitunter, ja.

(Lachen)

Das Peace Orchestra-Album ist allerdings eines der besten überhaupt. Ein Label, das viel releast, muss auch meinen Geschmack nicht immer treffen, den Anspruch hab ich gar nicht.

Außer bei deinem eigenen Label.

Ja. Mir gefällt aber beispielsweise weder alles auf Warp noch auf Ninja Tune obwohl das grossartige und wichtige Labels sind. Man wird ja tagtäglich mit Random Mailouts von sg. Artists zugeschüttet, aber wirklich zwingend war da bisher für mich nichts. Etwas hat für mich immer gefehlt. Produktionstechnisch haben sich viele Wohnzimmerproducer extrem weiter entwickelt, mir ist allerdings ein abgefucktes Demo mit einer grandiosen Idee lieber. Ein gewisser Witz ist mir auch wichtig.

Ich bin überzeugt, dass Pedro Winter von Ed Banger das immer als Marketing Gag benutzt hat, aber bei euch wirkt das doch wirklich wie dieser Scherz vom Label als Familie.

Bei der Compilation haben wir auch bewusst das Wort „Familie“ verwendet, nicht nur weil es soundtechnisch zusammenfassbar ist. Ich hab schon gehört: „Naja, das ist ein geschlossener Kreis.“ Das stimmt nicht. Wenn es in unsere Pläne hineinpasst, ist viel möglich.

Ist es dann Zufall dass sich genau diese Leute kennen?

Als Zufall betrachte ich gar nichts. Und auch Glück hat ein System. Den Sixtus Preiss hat etwa der Paul (von The Clonious, Anm.) entdeckt und connected. Wir tauschen uns da aus. Mein Idealfall ist ein "natürliches Wachstum", weniger ein klassisches Signing. Der persönliche Draht ist mir wichtig.

Was kommt denn außerdem demnächst?

Dorian Concept sitzt in einem Kämmerlein, hat das Handy abgedreht, spielt deutlich weniger Gigs und dann ist etwas Größeres denkbar.

(Lachen)

War das jetzt zu Politiker-mäßig?

Etwas.

Ich bin halt kein Fan ungelegte Eier auszubreiten, die dann doch eine andere Farbe erhalten. Ich plane – auch ein Zeichen der eigenen Professionalisierung – einen größeren Releaseplan. Was wirklich feststeht, ist aber das Zanshin-Album im Oktober.

Mein Eindruck ist, dein Fokus liegt stark auf dem konkreten Release, weniger auf dem Drumherum?

Das ist das wichtigste, das ist die Substanz, die muss stimmen.

Affine-Interview, Pt.1: Der Magnet

Affine-Interview, Pt.2: Das Business

Affine-Interview, Pt.3: Der Dahinter

Fotos links: Cover-Artwork Affine Label-Compilation "What A Fine Mess We Made", JSBL, Zanshin, Dorian Concept, Cid Rim, The Clonious, Ogris Debris, Jamal Hachem

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