Alles ist Architektur

Sagte einst Hans Hollein. Er liebte Raumschiffe und designte spacige Sonnenbrillen. Sein Vermächtnis wird nun im MAK vorgestellt. Wir wollten mehr über diesen innovativen Denker herausfinden und fragten beim Kurator Wilfried Kuehn nach.

»Architektur ist Konditionierung eines psychologischen Zustandes«. schrieb Hollein in »Alles Architektur« 1967. Wie interpretieren Sie diese Aussage nach so intensiver Auseinandersetzung mit Hollein?

Hollein sieht die Umwelt als notweniges Gegenüber des Menschen und den Architekten als Umwelt-Designer. Der psychologische Zustand ist die Möglichkeit, sich in seiner Umwelt zu erkennen und sein Menschsein zu entwickeln. Aus Holleins Sicht wohnt der Mensch, wenn er bewusst gräbt oder Steine aufschichtet, nicht aber wenn er eine gefundene Höhle als Unterschlupf nutzt. Der Akt des Herstellens von Raum ist für Hollein nicht allein technischer Natur, sondern ist Ausweis einer geistig-körperlichen Welterzeugung durch den Menschen.

Seit 2001 besteht in Berlin ihr Architekturbüro Kuehn Malvezzi. Mit der »Julia Stoschek Collection« – einer privaten Kunstsammlung in Düsseldorf – wurden Sie für den »Mies van der Rohe Award« nominiert. Sind in ihren persönlichen Arbeiten architektonische Denkansätze von Hollein zu spüren?

Es gibt eine Nähe, die unabhängig von stilistischen Fragen ist, denn da sind wir uns sicher nicht sehr nah: es ist die Tatsache, dass wir wie Hollein Architektur immer inhaltlich sehen und nicht als leere Hülle. Daher haben wir auch wie Hollein mit Räumen für die Kunst angefangen und immer intensiv mit Künstlern gearbeitet. Das ist bei der ganz überwiegenden Mehrheit der Architekten umgekehrt: sie sehen Architektur als eine autonome Disziplin, in den Nutzungen wechselnd und unabhängig Platz finden. Diese Architekten bauen, wenn überhaupt, Kunsträume eher selten und nicht am Anfang ihrer Karriere, da ihnen diese Art der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Nutzung fremd ist. In meiner Lehre in Karlsruhe habe ich den Begriff »Curatorial Design« für dieses Arbeiten zwischen Architektur und Kunst entwickelt, das uns mit Hollein verbindet.

Im April dieses Jahres ist Hollein – kurz nach seinem 80. Geburtstag – verstorben. Hatten Sie die Gelegenheit den einzigen österreichischen »Pritzker«-Preisträger persönlich kennenzulernen?

Es war Hans Holleins Entscheidung, uns sein Archiv zu öffnen, da er mir vertraut hat. Ich habe Hans Hollein in den letzten fünf Jahren einige Male getroffen, bin aber weder sein Schüler noch habe ich mit ihm direkt zusammen gearbeitet. Wie es in solchen Fällen ist: in einigen künstlerischen Aspekten fühle ich mich ihm nah, in anderen nicht. Für mich ist dies jedoch keine Stilfrage und keine Frage kunsthistorischer Etiketten, sondern eine Frage konzeptueller Genealogien.

Die Ausstellung »Hollein« läuft vom 25. Juni 2014 bis zum 05. Oktober 2014 im Mak.

Bild(er) © Aglaia Konrad  Archiv Hans Hollein ikar.us Peter Kainz/MAK
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