Alles ist Architektur

Sagte einst Hans Hollein. Er liebte Raumschiffe und designte spacige Sonnenbrillen. Sein Vermächtnis wird nun im MAK vorgestellt. Wir wollten mehr über diesen innovativen Denker herausfinden und fragten beim Kurator Wilfried Kuehn nach.

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Hans Hollein hat die internationale Architekturszene geprägt und neu belebt. Wodurch konnten in der MAK-Ausstellung »Hollein« neue Blickwinkel auf seine Arbeiten eröffnet werden?

Wichtig für eine Ausstellung wie diese ist ihr Fokus. Zum einen: Hans Hollein hat uns vor zwei Jahren sein sehr umfangreiches Privatarchiv geöffnet, aus dem eine Vielzahl unbekannter Zeichnungen und Arbeitsmodelle von uns ausgewählt wurde. Zum zweiten: Aglaia Konrad und Armin Linke, zwei zeitgenössische Künstler, haben zentrale Räume Holleins neu fotografiert und eröffnen uns damit eine neue Perspektive auf sein Werk.

Im Zusammenhang mit Holleins architektonischen Schaffen wird oft von Sinnlichkeit und Emotion gesprochen. Welche seiner Bauwerke verkörpern diesen Anspruch am deutlichsten?

Das Interessante an Hollein ist sein sehr konkreter Konzeptualismus. Seine ganz rational entstandenen Entwürfe sind nie abstrakt, sondern immer sehr direkt und materiell gelöst, auch daher, dass er die Wirklichkeit vollständig vom menschlichen Körper aus denkt. Die Sinnlichkeit ist immer mit Idee und Körper gleichermaßen verbunden. Darin zeigt sich Hollein auch als Künstler.

Hans Hollein war nicht nur in der Architektur tätig, sondern darüber hinaus auch im Design, Kunst und Schrift. Wie konnten diese unterschiedlichen Disziplinen in einen gemeinsamen Kontext gebracht werden?

Hollein hat nicht in Disziplinen gedacht, sondern sich als Künstler im umfassenden Sinn verstanden. Gerade das macht ihn interessant und genau so ganzheitlich stellen wir sein Werk auch aus.

Seine Bauwerke wurden von den Künstlerinnen Aglaia Konrad und Armin Linke neu fotografiert. Was macht diese Fotografien so speziell? Wie schwer ist es Architektur angemessen zu fotografieren?

Wir haben die beiden Künstler speziell ausgewählt, da beide sich in ihrer Fotografie mit Raum befassen und ihre Arbeit auch räumlich installativ ausstellen. Holleins Raum-Begriff ist auf die Beziehungen des Menschen zu seinem Habitat, d.h. der künstlich geschaffenen Umwelt, fokussiert. Diese Neugier gegenüber dem menschlichen Habitat haben Konrad und Linke auch: Raum ist in ihrer Arbeit ein anthropologisches Objekt.

Seit seinem Entwurf des deutschen Museums Abteiberg gilt er als wichtiger Vertreter der Postmodernen Architektur. Gebäude sollen nicht bloß funktional sein, sondern Geschichten erzählen. Würden Sie ihn als postmodernen Architekten bezeichnen?

Architektur ist zu jeder Zeit und an jedem Ort narrativ und Hollein war sich als historisch denkender Zeitgenosse mit besonderer Sensibilität für das Kommende bewusst, dass Räume sehr spezifische erzählerische Qualitäten brauchen. Für diese Erkenntnis bedarf es keines Historiker-Etiketts. Charles Jencks, der den Postmoderne Begriff in der Architektur propagiert hat, ist an Holleins Form der architektonischen Kommunikation und Geschichtsverarbeitung interessiert und nicht an seiner künstlerischen Zuspitzung, die in »Alles ist Architektur« deutlich wird. Gerade diese ganzheitliche und auch absolutistische Künstlerhaltung Holleins ist aber für sein Werk zentral und steht in unserer Ausstellung im Mittelpunkt.

Sie waren ebenfalls als Leiter der Ausstellung »Hans Hollein: Alles ist Architektur« im Museum Abteiberg zuständig. Worin unterscheidet sich diese Ausstellung von der, die im MAK zu sehen sein wird?

Beide Ausstellungen sind komplementär konzipiert und bilden ein Ganzes: sie schaffen jeweils einen spezifischen Kontext, in Mönchengladbach zur Hollein-Architektur des dortigen Museums, zur dortigen Sammlung und zur Ausstellungsgeschichte Holleins im Rheinland, die mit Personen wir Joseph Beuys und Johannes Cladders verbunden ist. Die Wiener Ausstellung im MAK ist viel umfassender und wesentlich umfangreicher, indem sie das Wirken Holleins und seinen ganzheitlichen Architekturbegriff ausgehend von seinem Archiv in großer Breite und Tiefe zeigt; durch die künstlerischen Fotos, die vom MAK in Auftrag gegeben wurden, entsteht zudem eine weitere Ausstellung In der Ausstellung, zu der auch ein Künstlerbuch als Katalog erscheinen wird.

Bild(er) © Aglaia Konrad  Archiv Hans Hollein ikar.us Peter Kainz/MAK
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