Als Sarah Palin süßen Indie-Folk entdeckte

Wir haben immer schon vermutet, dass an dieser süßen Hintergrundmusik aus deinem supernetten Startup-Video irgendwas faul ist. Jetzt sind wir uns endgültig sicher. Wegen Sarah Palin.

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Täglich wird das Internet mit irgendwelchen Videos von jungen Start-ups überflutet. Die meisten sind um die drei Minuten lang, mal animiert, mal mit echten Menschen und präsentieren eine kleine Idee, das ein großes Unternehmen werden könnte. Diese Videos stellen ein ganz neues Konzept vor, mit viel Innovation und total unterstützenswert. Unterlegt wird das Ganze verdächtig oft mit süßen Instrumental-Tracks, die einem das Gefühl geben, dieses Startup ist supi frisch und neu. Voll lauter kleiner Selbstausbeuter mit gut getrimmten Bärten und Tattoos, die genug von den alten Denkweisen haben und einfach selber machen. Nach einem Gitarren-Intro setzt in der Regel ein Streichersatz ein, später dann Getrommle auf Töpfen und Pfannen und vielleicht noch eine fröhliche Blockflöte als Zuckerguss. Ja, das klingt nach "Yeah, wir machen das jetzt!" und ist – wir haben es schon länger geahnt – in Wahrheit reaktionärer Bullshit.

Bodenständig, anders, Sarah Palin

Den Beweis dafür liefert uns jetzt spätestens die US-Politikerin und ehemalige Gouverneurin von Alaska: Sarah Palin. Die hat nämlich die Nase voll von Zensur und Medienfiltern, die dem Volk wichtige Infos vorenthalten oder so. Blitzgescheit wie sie ist, hat sie jedoch auch schon eine Lösung parat: Sie startet einfach einen eigenen Kanal, der ausschließlich über sie berichtet. Jetzt eben der ungefilterte Palin-Medienfilter! Was sie damit will? Ist Sarah Palin nicht diese erzkonservative Republikanerin die glaubt, Russland von Alaska aus sehen zu können? Die ihr Recht verteidigt, Bären vom Helikopter aus jagen zu können? So viele Fragen.

Jedenfalls gibt es zu diesem lächerlichen Channel jetzt ein Startup-Video inklusive Soundtrack. Und da Sarah Palin sowieso von der allgemeinen Mehrheit eher als gehirnamputierter Satan angesehen wird, kann man davon ausgehen, dass das mulmige Gefühl, das einem diese gezwungen-optimistisch-klingende Musik bereitet, nicht ohne Grund da ist.

Der "Sarah Palin Channel" kostet übrigens $9,95 im Monats-Abo. Die Tea Party-Aktivistin versichert allerdings voller Elan und mit erhobener Faust: "This is a community!" Yes, Sarah, Zusammenhalt, yes, wir alle sind Amerika, yes. Join us! Together! ‚Murica! Das ist übrigens dieselbe Frau, die als Vizepräsidentin kandidierte und dann in einem Interview nicht die geringste Ahnung hatte, was man in diesem Amt überhaupt zu tun hat. Wie sie sich wohl im Oval Office machen würde? Die Vorstellung ist zu gut.

Bitte keinen süßen Indie-Folk mehr

Was aber hätte Sarah Palin stattdessen für eine Musik nehmen können? Wenn man ein bisschen überlegt, passt das schon so. Leider, muss man sagen. Diese unangepasst-angepassten Banjos und euphorischen Xylophonen waren vielleicht vor Jahren einmal in Ordnung, aber 17.000 solcher Videos später ist davon nicht viel übrig geblieben. Du hast eine neue, coole App? Oder ein nachhaltiges Fannypack? Einen DIY-Shop? Ein Geschäft mit DJs, Cupcakes, Fotobüchern und Chai Latte? Dann überleg dir bitte einen besseren und originelleren Soundtrack für dein Promo-Video. Denn süßer Indie-Folk ist kontaminiert.

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