Alt-J sind erwachsen geworden

Kurz und intensiv: Sicher das vielseitigste, wahrscheinlich auch das beste Album von alt-J.

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© Gabriel Green

Fast drei Jahre sind vergangen seit dem Release von This Is All Yours. Schlagzeuger Thom hat in der Zwischenzeit ein Solo-Album veröffentlicht, Keyboarder Gus ein Restaurant in London aufgemacht: Alt-J haben sich Zeit gelassen mit dem dritten Album, das nicht zufällig Relaxer heißt.

Ecken und Kanten

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Acht Songs nur haben es auf das Album geschafft, zwei davon sind in den letzten Monaten bereits als Singles erschienen. Dafür aber liegt Relaxer musikalisch wie inhaltlich wieder näher am großartigen Debüt An Awesome Wave, vergessen scheinen die belanglos-bunten Farbtupfer von This Is All Yours (die gute Nachricht!). An allen Ecken und Enden schimmert es dunkelschwarz durch, hinter scheinbar überschwänglichen Songs wie In Cold Blood verbergen sich makabre Lyrics voller Zweideutigkeit, untermalt von morbiden Bildern – wie schon damals bei Fitzpleasure. Überhaupt kommt Relaxer unerwartet kantig und ungehobelt daher, klingt dabei aber unendlich ausgefeilter als die Vorgänger – und auch wenn man vieles schon mal wo gehört hat und die Band sich nicht wirklich neu erfunden hat klingt der Trademark-Sound von Alt-J doch nach wie vor frisch, spürbar gereift, mühelos zeitgemäß verpackt.

Drama und Pathos

Ohne Frage ist Relaxer das bisher vielseitigste Album der Band und wirkt dabei manchmal auch etwas zusammengewürfelt – irgendwie geht sich die rotzige Punk-Ästhetik von Hit Me Like That Snare aber trotzdem neben einem Song wie Pleader aus, der ohne weiteres dem Soundtrack eines Tim-Burton-Films entsprungen sein könnte. Letzten Endes sind es dann aber wieder die melancholischen Songs in denen Alt-J ihr volles Potential entfesseln: getragen von alles erdrückender Traurigkeit donnert Adeline dem Höhepunkt des Albums entgegen, samt dramatischen Streichern bei denen wohl selbst Hans Zimmer Gänsehaut bekommen würde. Mit Kinderchören kann man dann halt auch nie was falsch machen; Pathos ist und bleibt das Metier von Alt-J. Chaotisch, emotional, manchmal mehr, manchmal weniger subtil sexy: ein Album wie eine komplizierte Beziehung – eine sehr schöne, aber.

Relaxer ist am 2. Juni 2017 auf Bella Union erschienen.

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