Alternatives Design gegen die Wegwerfmentalität

Zum 150. Geburtstag des Maks wurde fleißig getüftelt. Der Besucher ist Experte und kann, soll auch seinen Senf dazugeben. Wie das gehen soll erzählt uns Harald Gründl, Designer bei EOOS und Begründer des Institute of Design Research Vienna im Gespräch.

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Das Mak Design Labor ist für alle da, die bei dem Schild ,,Bitte-nicht-berühren’’ das Objekt am liebsten abschlecken würden. Na gut, schlabbern ist auch hier nicht erlaubt. Anfassen jedoch schon. Die neu aufbereitete Mak-Studiensammlung orientiert sich an Warhols Aussage ’’All department stores will become museums, and all museums will become department stores.’’ Themenbereiche wie Dekorieren, Kommunizieren, Essen und Trinken, Kochen sind im herkömmlichen Supermarkt zu finden sowie im Mak Design Labor.

Kunstwerke bilden zusammen mit funktionellem, aber auch utopischem Design eine neue Museumserfahrung. Dieses Konzept bleibt jedoch nicht wie es ist, sondern wird ständig erweitert. Initiativen wie Crowdsourcing ermöglichen dem Besucher selbst Ideen und Meinungen einzubringen und die Ausstellung zu verändern. Weiter unten bekommt ihr Antworten darauf, warum unsere Lebensweise nicht zukunftsträchtig ist und Nachhaltigkeit im Design einen wichtigen Stellenwert eingenommen hat.

Wie kann Design eine neue Lebensqualität schaffen?

Langlebigkeit, Individualität, qualitätsvolle Ausführung und künstlerischer Anspruch waren vor der industriellen Revolution wichtige Werte von Gebrauchsgegenständen. Davon zeugt eine Vielzahl an Objekten, die in den Sammlungen des MAK aufbewahrt und jetzt im MAK Design Labor neu arrangiert wurden.

Gegenstände, die diesen Werten folgen, sind heute wie damals aktuell. Diese Werte sind auch im Design und somit im Kontext der industriellen Produktion wichtig und werden auch immer wichtiger, wenn wir von der Wegwerfgesellschaft wegkommen wollen. Design ist ein Werkzeug für die Gestaltung neuer Lebenswelten.

Letztes Jahr hat EOOS das Sanitärkonzept Blue Diversion Toilet entwickelt. Eine mobile Toilette, die weder Wasser-, Abwasser- noch Stromanschluss braucht. Im April wurde sie in Kenia getestet. Wie sind die Fortschritte?

Das erste Modell mussten wir mit einem Pickup durch Kampala (Uganda) transportieren. Für das aktuelle Modell braucht man nur mehr einen Handwagen, der von zwei Personen gezogen werden kann. Die Technologie der Wasseraufbereitung funktioniert auch unter schwierigsten Bedingungen und erste Schritte in Richtung Industrialisierung konnten erfolgreich umgesetzt werden. Natürlich gibt es auch Rückschläge und Probleme. Aber aus denen lernt man am meisten.

Einige Teile der Wasserwand sind bereits mit serientauglichen Werkzeugen hergestellt. Die Akzeptanz für die Toilette ist sehr hoch, das zeigen die sozialwissenschaftlichen Studien, die den Feldtest begleiten. Design kann in diesem schwierigen Umfeld wirklich etwas bewirken. Eine attraktive Toilette mit Handwaschbecken, Spülung und Handbrause ist in einem Slum wirklich ein Statussymbol.

Wenn es uns gelingt, diesen Service für 5 Cent/Kopf/Tag bereitzustellen, dann wäre das wirklich ein großer Schritt, der die Gesundheit der Menschen, die in informellen Siedlungen leben, sehr verbessern würde. Wir sind jetzt auf der Suche nach Industriepartnern, die in Entwicklungsländern investieren wollen. Die Bill & Melinda Gates Foundation hat für die nächste Phase ebenfalls wieder Unterstützung zugesagt. Ein Modell der Blue Diversion Toilet ist gerade nach Venedig zur Architekturbiennale gebracht worden. Sie wird im internationalen Pavillon zu sehen sein. Ich hoffe, dass die Anerkennung, die wir für das Projekt bekommen, auch dazu führt, dass uns die Industrie weiterhilft und das Projekt in einem großen Maßstab umgesetzt werden kann.

Ihr Unternehmen ist stark auf Nachhaltigkeit bedacht. Sie machen viele Projekte, die nicht nur rein auf Ästhetik, sondern auch auf Funktionalität, aber vor allem um die Verbesserung eines Lebensraumes abzielen. Hat das Mak Design Labor ähnliche Absichten?

Der positive Wandel ist ein wichtiges Thema im Design Labor. Unsere Lebensweise in den entwickelten Ländern ist heute kein Zukunftsmodell mehr. Würde die ganze Welt so leben wie wir, wäre das eine Katastrophe für die Umwelt. Eine spannende Zeit für Design.

Wir brauchen keine neuen Moden, sondern zukunftsfähige alternative Lebensweisen. Unser Essen, das Mobilitätsverhalten, die Energiegewinnung, unsere Behausungen – alles muss neu gestaltet werden. Ein Themenschwerpunkt im Design Labor ist die „alternative Produktion“. Hier sieht man Alternativen zur industriellen Produktion, die uns ermächtigen Gegenstände lokal und selbstbestimmt herzustellen.

Eine Intervention des IDRV-Institute of Design Research Vienna setzt die Themenbereiche in Bezug zu wichtigen Fragestellungen des positiven Wandels: Geschlechterdemokratie, digitale Revolution, Creative Commons, klimaverträgliches Essen, Kreislaufwirtschaft und Carbon Footprint. Am Ende der Ausstellung gibt es auch eine Ökobilanz der Ausstellungsgestaltung. Hier wird sichtbar, ob und in welchem Ausmaß umweltbewusste Designentscheidungen relevante Auswirkungen haben. Modulare Vollholzpodeste, LED-Leuchten und wiederverwendete Ausstellungsvitrinen sind hier in einem Diagramm ausgewertet.

Bild(er) © MAK/Katrin Wißkirchen MAK/Nathan Murrell MAK/Peter Kainz eoos.com
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