Alternatives Design gegen die Wegwerfmentalität

Zum 150. Geburtstag des Maks wurde fleißig getüftelt. Der Besucher ist Experte und kann, soll auch seinen Senf dazugeben. Wie das gehen soll erzählt uns Harald Gründl, Designer bei EOOS und Begründer des Institute of Design Research Vienna im Gespräch.

Welche Projekte sind in Wien in puncto Nachhaltigkeit gerade groß im Kommen?

Es gibt viele kleine interessante Initiativen. Ihre Wirkung ist vielleicht auch oft nur symbolisch, aber auch das ist gerade heute wichtig für ein Umdenken. Ein Nachbarschaftsgarten löst zwar nicht die lokale Versorgung von Nahrungsmitteln, aber verbessert unsere soziale Kompetenz in der Stadt. Open Design verändert nicht von heute auf morgen die Art, wie produziert wird, aber wir sehen, es gäbe langfristig Alternativen zur globalisierten Produktion unserer Güter.

Ich würde mir in Wien auch große Gesten wünschen. Ein Bekenntnis zu einer nachhaltigen Lebensweise, so wie das zum Beispiel die Stadt Zürich in einem Bürgerentscheid beschlossen hat. Zürich hat sich zu dem energiepolitischen Modell der 2000 Watt-Gesellschaft durch einen Bürgerentscheid entschlossen. Eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs, um einen nachhaltigen Lebensstil anzustreben, innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Oder eine Stadt ohne Ölverbrauch, so wie die Transition Towns es träumen.

Wir freuen uns in Wien noch immer über die Müllverbrennungsanlagen und über die „grüne“ Fernwärme, aber in Wirklichkeit verbrennen wir dort die Rohstoffe der Zukunft. Wir bräuchten eine Kreislaufwirtschaft und nicht Greenwashing.

Wie entstand die Idee die Räume der zuvor nach Materialien geordneten Mak-Studiensammlung in lebensnahe Themenbereiche einzuteilen?

Wenn Du vor einem Raum stehst, und darauf steht „Metall“ oder „Glas und Keramik“, dann fühlt es sich so an, als ob hier Kennerschaft gefragt wäre. Bei „Essen und Trinken“ haben wir alle unsere Erfahrungen. Wir alle sind Expertinnen und Experten für unsere alltäglichen Praktiken. Und mit diesem Blick, mit diesem Erfahrungshintergrund, erscheinen die Gegenstände in einem anderen Licht. Wichtig war auch immer, die Themen im Heute zu verankern. Die Themen enden immer in der Gegenwart und bieten so einen Ausgangspunkt für Zeitreisen in die Geschichte der angewandten Kunst. So erweitert sich auch der Designbegriff, der im MAK Design Labor sehr weit gefasst wird.

Der Gegenentwurf zur Mak-Schausammlung orientiert sich an Warhols Dramaturgie des Supermarkts. Bedeutet das, zukünftig soll Kunst/Design stärker kommerzialisiert werden?

Der Supermarkt ist ein Ordnungssystem. Lange Gänge, links und rechts ist alles voll mit Ware. Und das Sortiment verändert sich andauernd. Zwischen den Regalen entstehen Bezüge und Sinnzusammenhänge. Wir haben dieses System auf das Museum übertragen. Geht man durch ein Museum mit dem Blick des Supermarkts, dann sieht man auch anders. Die Dinge sind greifbar, und nicht entrückt und überdramatisiert. Es geht um das Sehen und nicht so um den Fetisch- und Warencharakter der Gegenstände.

Alltägliche Gebrauchsgegenstände stehen im Vordergrund. Dem Publikum werden Themenbereiche wie Kochen, Sitzen oder Produzieren erlebbar gemacht. Gibt es in der neuen MAK-Sammlung auch Gegenstände, die zwar in diese Bereiche passen, jedoch nicht für den herkömmlichen Gebrauch gedacht sind?

Die gibt es. Es können zum Beispiel künstlerische Positionen sein oder aber auch Projekte, die einen Forschungscharakter haben. Die Küche des italienischen Architekten und Designers Ettore Sottsass, eine utopische modulare Küche aus der Zeit der 1970er Jahre, ist so ein Beispiel. Sie wurde für eine Ausstellung im MOMA in New York entwickelt, wo es um neue Lebensweisen ging. Sie zeigt die transformative Kraft des Designs, herkömmliche Gebrauchsweisen in Frage zu stellen und Alternativen zu entwickeln. Strategien der Kunst werden im Design auch zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Die Besucher werden dazu angeregt, sich aktiv an der Ausstellung zu beteiligen. Wie können sie beispielsweise zum Thema ’’Ornament’’ etwas beisteuern?

Der Themenblock „Ornament“ ist in unterschiedliche Kapitel gegliedert. Das Material als Ornament, orientalische Ornamente, Schmuck bis zum Ornament auf den Fußbällen. Besucherinnen und Besucher haben in diesem Bereich die Möglichkeit, neue Themen vorzuschlagen, oder durch Videointerviews zu bestehenden Themen Statements abzugeben. Wir werden sehen, wie die Angebote zur Partizipation angenommen werden.

Es gibt jedenfalls die Bereitschaft, hier neue Formen des Wissensaustausches stattfinden zu lassen. Wir wollen den Begriff des Labors ernst nehmen, Dinge erforschen und Ausprobieren. Im Labor sind Forschungsfragen der Ausgangspunkt.

Auch für das MAK Design Labor sind Forschungsfragen definiert worden. Sie kreisen um die Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensweisen. Und sie werden nicht mehr nur durch die Wissenselite beantwortet, sondern durch vielstimmige Beiträge aus der Alltagserfahrung unterschiedlichster Menschen.

Vielleicht liegen bald nur mehr Fußbälle in der Vitrine, oder sie verschwinden nach empörten Protesten. Wir werden sehen. Das MAK Forum ist auch ein neuer Ort, um dem Labor einen flexiblen Diskussionsort zur Seite zur stellen. Über das MAK Forum sollen auch Verbindungen zur Industrie und Wissenschaft hergestellt werden. Die Erfahrungen dort sollen dann auch wieder in das Design Labor rückgekoppelt werden.

Die Eröffnung des Mak Design Labors findet heute, 12. Mai 2014, um 18.30 statt.

www.eoos.com

www.mak.at/makdesignlabor

Bild(er) © MAK/Katrin Wißkirchen MAK/Nathan Murrell MAK/Peter Kainz eoos.com
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