Auf der diesjährigen Viennale ist Anna Vasof – gemeinsam mit Lukas Marxt – eines der zwei Gesichter des jungen österreichischen Films. Die Medienkünstlerin ist am 30. und 31. Oktober mit dem Kurzfilm „When Time Moves Faster“ im Programm vertreten. Wir haben der Viennale-Debütantin in unserer Reihe Cinema Next 6 Fragen gestellt.
Anna Vasof absolvierte in Griechenland an der Universität Thessalien das Architektur-Studium, bevor sie 2010 nach Wien kam, um an der Universität für angewandte Kunst Transmediale Kunst zu studieren. Ihre Videoarbeiten sind sehr erfindungs- und einfallsreich: entweder gibt sie Alltagsgegenständen neue Funktionen – zum Beispiel Schuhen in „Down to Earth“ – oder sie lotet die Illusionskraft des Filmischen aus – zum Beispiel in „When Time Moves Faster“, ihrer ersten Arbeit, die es ins Programm der Viennale geschafft hat. Der Film ist am 30. (Stadtkino im Künstlerhaus) und 31. (Metro Kino) Oktober im Kurzfilm-Sammelprogramm „Shades of Light“ zu sehen.
Welche Gedanken stehen hinter deinen Experimenten?
Meine bisherige Arbeit basiert auf dem Experimentieren und der Erforschung der Mechanismen von Bewegung und der zeitbasierten Kunst. Ich gehe bei Fragen gerne an die Wurzel und beginne von null an. Oft möchte ich die Grundlagen aus meiner eigenen Perspektive neu erfinden. Mit meinen Non-Stop-Stop-Motion-Arbeiten versuche ich, die Mechanik der Beharrlichkeit des Sehens zu verstehen und manchmal neu zu erfinden.
Die Schuhwerke sind eine Art Neuentwicklung menschlicher Fortbewegung. Andere Arbeiten spielen mit der Umgestaltung von üblichen Alltagsgegenständen und Situationen, aus denen Überraschungen entstehen, und lassen unseren Alltag und die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Wenn Geld, Zeit, Aufwand,… keine Rolle spielen würden: Welches Film-Experiment würdest du gerne realisieren?
Ich würde gerne ein Remake meines Films „Domino“ machen. Die aktuelle Version ist nur eine Sekunde lang, aber wenn Geld, Zeit und Aufwand keine Rolle spielen würden, würde ich gerne nach dem gleichen Prinzip einen Film in Spielfilmlänge, also 90 Minuten, drehen. Das heißt, ich müsste über eine 21,6 km lange Strecke Domino-Videoframes aufstellen.
Du bist Architektin und Medienkünstlerin. Beeinflusst das eine das andere?
Ich habe aufgehört zu glauben, dass Architekten nur Häuser mit roten Dächern bauen, Medienkünstler nur Installationen mit Multi-Screenings ausstellen, Maler Bilder zeichnen und Filmemacher Hollywood-Filme drehen, seitdem ich nicht mehr die Klischees der Leute beachte, die versuchen, die Kunst und das Leben zu ordnen und zu kategorisieren.
Wir könnten sehr lange über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in verschiedenen Medien und Professionen streiten, aber dafür interessiere ich mich nicht.
Ich habe wirklich gern Architektur studiert, wo ich gelernt habe, meine Ideen zu strukturieren. Und ich habe auch sehr gerne Kunst studiert, wo ich die Entscheidungen meiner Intuition überlassen konnte. Auch abgesehen von meinen Studien an beiden Universitäten habe ich Spaß am Lernen – neue Technologien, Philosophie, Literatur, Maschinenbau usw.
Am liebsten lerne ich im Alltag – wenn ich alltägliche Gegenstände und Situationen beobachte. Deshalb bin ich wahrscheinlich die falsche Person, um eine nützliche Antwort auf diese Frage zu geben.
Du machst sehr viele Videos, hast uns aber letzthin geschrieben: „Ich habe nicht so viel Erfahrung mit der Filmwelt“. Wie meinst du das?
Ich habe damit gemeint, dass ich nicht viel darüber weiß, wie Filmfestivals funktionieren. Zum Beispiel hat mich letztes Jahr ein Filmfestival um ein Akkreditierungsfoto gebeten. Mir war nicht ganz klar, was gemeint ist, aber es war mir zu unangenehm nachzufragen und deshalb habe ich ihnen ein Foto von einem Schuh aus meinem Film „Down to Earth“ geschickt. Am Festival ist mir aufgefallen, dass alle Regisseure einen Festivalpass mit einem Portraitfoto von sich selbst hatten, nur ich hatte einen Festivalpass mit einem Schuh statt meinem Gesicht darauf.
Aber auch sonst habe ich das Gefühl, ich weiß nicht viel über Filmproduktion, Storyboards, Budgets, Zeit, Menschen, Schauspieler, Postproduktion usw. Normalerweise mache ich alles alleine einfach in der Reihenfolge und in der Art, wie ich es kann und machen will.
Dein Film läuft jetzt auf der Viennale. Was erwartest du von einem Kurzfilmprogramm, in dem ein Film von dir gezeigt wird?
Auch wenn das vielleicht keine sehr originelle Antwort ist und ich davon ausgehe, dass sich jeder Künstler und Regisseur das für sein Werk wünschen würde: Ich hoffe die Leute, die meine Filme sehen, zu inspirieren.
Es gibt ja auch Träume abseits des Kinos. Ganz ehrlich: Jemals beruflich an einen Plan B gedacht?
Einmal hatte Woody Allen gesagt: „If you want to make God laugh tell him about your plans.“ Weil ich aber keine religiösen Figuren unterhalten möchte, mache ich keine Pläne. Ich will auch nicht sagen, dass ich versuche, meine Träume zu verfolgen, weil die Idee vom Verfolgen der Träume mehr nach einem Werbe-Motto klingt als nach einer Idee, die jemand verfolgen sollte. Ich versuche nur jeden Tag meine Zeit mit Aktivitäten zu verbringen, die meine Neugier und Kreativität befriedigen. Wenn ich mit diesen Aktivitäten meine Rechnungen nicht bezahlen oder noch schlimmer meine nächste Idee nicht finanzieren kann, dann bin ich sicher traurig, aber noch dickköpfiger.
Eine Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich www.cinemanext.at