assbiting toiletpaper #9

Das Kalenderjahr mit der Nummer 2009 zäsiert abrupt in das nächste (fortlaufende Katalognummer: #2010) und der Listenwahn greift um sich. assbiting toiletpaper macht weder Rück- noch Vorschau, aber präsentiert zwei lyrische Highlights.

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Warum gerade der willkürlich gewählte Zeitpunkt der Anwendung des Inkrement des bei uns verbreiteten Kalenders (in unserem Fall handelt es sich dabei um die fortlaufende Erhöhung der ganzen Zahl, die unser aktuelles Kalenderjahr benennt, im konkreten Fall also von 2009 auf 2010) Grund zu ausgelassenen Feierlichkeiten sein soll, erschliesst sich mir nicht hundertprozentig. Muss es aber auch nicht. Jeder [1] Anlass zur Party ist mir willkommen. Und an irgendetwas muss sich der Mensch offensichtlich orientieren, warum also nicht an eben jener Zahl. Bis hier noch keine direkten Einwände, aber das Grauen lauert erst hinter diesem plastischen Übergang. [2]

Das war …

Der tatsächliche Schrecken lauert nämlich in den gefürchteten Jahresrückblicken. Flugs werden die Ereignisse der letzten 365 Tage (mehr oder weniger) in gelungene (mehr oder weniger) Rückblicke verpackt und preisgeboten. Einmal um die Welt und durch das Jahr, in handlicher, gut verdaulicher Form. Mit dem Schlachtruf „Das war 2009!" werfen sich diese Erinnerungsstützen in die Schlacht um die kurz bemessene Aufmerksamkeit der werten Publikumsgemeinde. Ja, ja, schon recht, hat sicherlich Daseinsberechtigung, bestimmt auch erfüllt es einen historisch wertvollen Zweck. Mag dem sein, wie es wolle, in mir lösen (die meisten) „Year In Review" Artikel Angstzustände und milde Panikattacken aus. Warum diese Überreaktion? In erster Linie damit ich hier darüber schreiben kann.

Aus „Jahresrückblicke sind mir nicht mal wurscht, so wurscht sind sie mir." gelang es mir nicht reizvolle Sätze zur Dekoration dieses Standpunktes zu ziehen. Eine weitere persönliche Niederlage, die ich hiermit eingestehe und zur langen Liste hinzufüge. Jedoch, Obacht!, im Kern dieser Übertreibung ist eine Meinung gut verborgen. Nämlich: Ich denke, dass es beinahe an Fahrlässigkeit grenzt ein Teil eines Kontinuums – denn so nehme ich die menschliche Existenz wahr – in zumeist verbindungslose Stücke zu zerhacken und kontextberaubt zur Schau zu stellen. Das ist meine überkomplizierte Art und Weise darum zu bitten, dass doch jemand mit Ahnung [3] sich dieses Zustands annehmen möge und einen Jahresrückblick zusammenstellt, in dem auch die Verbindungen der Ereignisse untereinander und über die verschiedensten Bereiche hinweg aufgezeigt wird.

Schreib mir (k)eine Liste

Doch noch viel schlimmer als Jahresrückblicke sind Jahreslisten! Die Besten Alben des Jahres. Die Besten Rezepte des Jahres. Die Lustigsten Unfälle des Jahres. Die Traurigsten Filmszenen; Die Grössten Wappler; Der Beste Einfall; Die Dicksten Eier; Die Haarigsten Zähne. Ad infinitum. Immer Gross Geschrieben. Ich habe prinzipiell Schwierigkeiten mit Top Dies-oder-Jenes Listen, weil ich es ums Verrecken nicht schaffe je eine Liste abzugeben, die ich als vollständig oder zumindest repräsentativ erachten kann. Es gibt da immer noch etwas, was ich vergessen hatte. Oder Sachen, die nur bedingt gelten und den Platz mit etwas anderem tauschen müssten, wenn die Ausgangssituation eine andere ist. Tut mir ja manchmal wirklich leid, dann zum Beispiel wenn ich aus eigener Unfähigkeit gelähmt bin und nicht mitmachen kann, wenn Freunde und Kollegen solche Listen untereinander austauschen, mit dem Zweck das eine oder andere Neue zu entdecken oder einen interessanten Tipp zu bekommen. Bei diesen Spielen lass ich mich selbst aussen vor. Der Neurotiker in mir erstellt unendliche Listen, während der Rationalist in mir den Neurotiker davon abhalten will. [4] So kann das ja nichts werden.

Nur die Spitze zählt

Damit ich aber auch behaupten kann das Jahr 2009 Revue passiert haben zu lassen, destilliere ich eine solche Liste und präsentiere Euch: „Der Erste Platz auf der assbiting toiletpaper Liste der Songtexte, die mich 2009 immer und immer wieder zum Lachen brachten (teilweise in Zusammenhang mit visuellen Zusätzen)"! Es kann nur einen geben, sagt nicht nur der Highlander. Und hier ist er auch schon (in Auszügen wiedergegeben):

look at my horse / my horse is amazing / give it a lick / "mmh, it tastes just like raisins." / have a stroke on its mane / it turns into a plane / and then turns back again, when you tug at its winky / "oh, that’s dirty!" / do you think so? / well, i better not show you where the lemonade is made / sweet lemonade, oh, sweet lemonade […] look at my horse / my horse is amazing / "where is he now?" / he’s over there grazing / have a feel on his hoof / you’ll find they’re all bulletproof / and if that’s not enough / then take a look at his ballsize

Dieser geniale Erguss [5] stammt von Jonti "weebl" Picking, einem begnadeten Künstler, der vor allem durch seine Flash-Animationen zum NetStar wurde. Und zu diesem tollen Song hat er natürlich auch bewegte Bildchen (zumindest für die erste Strophe, dafür aber in Endlosschleife). An dieser Stelle muss ich aber auch erwähnen, dass der Text von „Combination Pizza Hut And Taco Bell" vom Brooklyner Duo Das Racist auch für jede Menge Lacher gesorgt hat.

Zweitausend… wo sind wir?

Mit Spannung blicke ich also dem neuen Kalenderjahr, getauft 2010, entgegen. Wie werden sich die Rückblicke dieses Jahres ausnehmen, wenn es dann so weit ist? Welche Listen warten am anderen Ende dieser zwölf Monate? Werdet ihr dann noch assbiting toiletpaper lesen? Liest überhaupt irgendwer assbiting toiletpaper?

Krosser Zander

Nuri „werwolf" Nurbachsch

[1] Eigentlich nur beinahe jeder Anlass. Kürzlich vorgeführte innenpolitische Idiotie ist nun wirklich kein Grund zum Feiern. Andererseits könnte ich eine Party zum Andenken an den Verfassungsstaat Österreich machen, der sich anscheinend im Dahinscheiden befindet.

[2] Teilweise auch schon davor, wenn man sich überschlägt darum der Erste gewesen zu sein, der einen Rückblick auf das vergangen Jahr brachte, oft bevor das Jahr noch überhaupt offiziell zu Grabe getragen wurde. Wenn dieser Trend linear verliefe, dann hätten wir demnächst wohl schon im Jänner den Rückblick auf das gerade beginnende Jahr.

[3] Diese Formulierung war äusserst bewusst gewählt, denn somit scheide ich direkt mal aus. Das erspart mir jede Menge Arbeit. Und sollte sich jemand an dieses Projekt wagen, das Resultat mir aber nicht zusagen, kann ich immer noch frech behaupten, dass er oder sie ja keine Ahnung hat. % Praktisch. %

[4] Dazwischen sitzt mein kleiner Psychopath und feuert den Neurotiker an, während er gleichzeitig dem rationellen Teil neue Konterargumente liefert.

[5] Und zeitgleich köstliche Persiflage des „Bling-Bling & Cash, Money, Hos" Image der sogenannten Gangster-Rapper. All that and a bag of chips.

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