Aus dem Club: Matt Mor

In unserer Reihe „Aus dem Club“ bitten wir Menschen, die die österreichische Clubkultur mitgestalten, um ihre persönliche Einschätzung zur Szene in Österreich. Den Anfang macht Mathias Markovits, der mit Wechselstrom bereits seit mehreren Jahren in Wien veranstaltet und als DJ aktiv ist.

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Fortschrittsfeindlich ist clubfeindlich: „Man muss seine Fühler ausstrecken“

„Vo nix kumt nix“ heißt es auf Wienerisch und das trifft auch auf die Musikerziehung zu. Die liegt nicht nur, aber auch in der Verantwortung von uns als Veranstaltern. Es sind immer Menschen unter deinen Gästen, die Musik gerade dort neu entdecken und ihren Musikhorizont vielleicht genau auf deiner Veranstaltung erweitern können. Ständig dasselbe Programm runterzuleiern, Jahr für Jahr, das macht uns Veranstalter nicht besser, als einen Mainstream-Radiosender – auch wenn wir dadurch Risiken eingehen müssen.

Zum Glück gibt es positive Beispiele, die das tun und frischen Wind in unsere überschaubare Szene bringen – vor allem im kommenden Jahr. Eine Erwähnung verdienen hier sicher die Funkroom Jungs, die mit wirklich freshen Electro-Bookings definitiv eine interessante Alternative zum üblichen Programm bieten werden. Aber auch Deep Baked bleiben stets am Ball und beweisen bzw. bewiesen mit Bookings wie Fango, Redshape und Roman Flügel Geschmack – trotz Risiko. Eine Menge Umarmungen für die Motivation und die Unmengen an Veranstaltungen mit wirklich guten Techno-Bookings im vergangenen Jahr, verdienen zudem auch die Kollegen und Freunde von Meat Market. Und: Während Wien für lange Zeit als einziger Zufluchtsort für Techno-affine Menschen galt, tut sich mittlerweile auch in Linz und Graz wieder was: Mike Vinyl gestaltet mit seiner „XPansion“-Crew gerade die Linzer Techno-Community neu, die Jungs von Kopf bei Fuß liefern qualitative Nächte in Graz.

Manchmal ist es nötig, seine Fühler auszustrecken, offen für Neues zu sein und über die eigenen Grenzen hinaus aktiv zu werden. Ein wichtiges Thema ist hierbei beispielsweise auch der Frauenanteil bei den Bookings, mit dem sich Hannah Christ ausführlich auseinandergesetzt hat. Sie zeigt auf, welche Missstände in unserer Kultur herrschen. Auch wenn man über die Methoden, die verwendet werden, streiten kann, denn Stigmatisierung im Web kann nicht das Ziel sein – Recht hat sie dennoch. Ein Thema, dem sich die Wiener unbedingt widmen sollten. Ich für meinen Teil tue es und bin mir sicher, dass dies auch vielen Menschen in meinem Umfeld ein Anliegen ist.

Wien war mal eine große Nummer am elektronischen Musik-Parkett, man erinnere sich an Zeiten, in denen Patrick Pulsinger und Erdem Tunakan mit Cheap Records in der Oberliga mitgespielt haben. Das kann wieder so sein. Allerdings sollten wir mit gutem Output auf uns aufmerksam machen, und nicht durch sexistische Club-Politik. Das bedarf vieler Zusammenarbeit zwischen den Schlüsselfiguren in unserer Szene, einer Offenheit für „mal nicht so bekannte Bookings“ und letztendlich ist es auch die Verantwortung von jedem von uns, dafür zu sorgen, dass nachkommende Generationen Interesse an dieser Kultur haben und elektronische Musik nicht nur als Hintergrund-Musik konsumieren, während sie in der nächst-schlechtesten Lokalität, während einer Cola-Rum Happy-Hour auf Aufriss gehen, um dann um 4 Uhr morgens mit einem Rausch, für den sich sogar Kurti Blahovec genieren würde, angepisst den Club verlassen, während der Lokal-DJ sein Bestes gibt.

Mathias Markovits ist Teil des Veranstalterkollektivs Wechselstrom. Am Samstag startet ihre neue, gemeinsam mit Meat Market konzipierte Veranstaltungsreihe Dead Sea Diaries. Zu Gast ist DJ und Producer Jonas Kopp, Support kommt von Wechselstrom und Mutter. Zeit um die Fühler nach neuer Musik auszustrecken. Wir verlosen 3×2 Tickets unter allen, die uns ihre letzte Musikentdeckung an ausdemclub@thegap.at schicken.

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