Wann verklagt mich Strache?

Wie sage ich H.C. Strache am besten, dass ich ihn nicht mag? Die rechtlichen Grenzen in Österreich sind relativ locker, solange man kreativ ist.

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H.C. Strache ist wieder sauer. Nazar hat ihn bei einem Konzert als Hurensohn beleidigt, Schauspielerin Kristina Sprenger beschimpfte ihn scheinbar am Villacher Faschingsfest als Arschloch und in der Serie "Vorstadtweiber" wurde er als schwul bezeichnet (was bei der Ausstrahlung nur noch in den Untertiteln zu sehen war).

Nun klagt der FPÖ-Obmann. In Freundeskreisen wird so etwas natürlich zum Gesprächsthema und unweigerlich geht die Frage um: "Und, darf er?" Wir haben uns das mal genauer angesehen und so manche interessante Art entdeckt, wie man Strache beleidigen kann, ohne vor den Richter geschleppt zu werden und warum Meinungsfreiheit so wichtig ist.

Meinung vs. Ehre

Wenn Künstler, Kabarettisten, Karikaturisten sich vor dem Gericht verteidigen müssen, spielen meist zwei Gesetzespassagen eine wichtige Rolle. Artikel 10 der Menschenrechtskonvention (MRK) und die Paragrafen § 111 bis § 117 des Strafgesetzbuchs (StGB) und § 1330 ABGB. Kurz: Meinungsfreiheit gegen Ehrverletzungen. Dass diese beiden Gesetzestexte ihre Geltungsbereiche nur sehr vage beschreiben, hat in der Vergangenheit schon für kuriose Entscheidungen gesorgt.

Mittlerweile sind sie zu einer Goldgrube für österreichische Schimpfwörter geworden. Wenn man jemanden "Hundsfuada, schimplades", "Heislroz", "gfüda Off", "glotzada Bimpf" oder "angsoffene Schüchawaumpm" nennt, könnte es vor Gericht schwierig werden, will man sich auf die Meinungsfreiheit berufen. Es handelt sich hierbei entweder um Beschimpfung – wie zum Beispiel jemanden einen Hurensohn zu nennen – oder wenn man auf ein körperliches oder geistiges Gebrechen verweist, um eine Verspottung. Solange diese auf keine wahren Tatsachen beruhen sind sie strafbar. Genau hier fängt es an interessant zu werden, denn Auslegung ist alles.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, 2008 noch ÖVP-Landesrätin von Niederösterreich, nannte den Vize-Landeshauptmann der SPÖ Josef Leitner einen "wildgewordenen Bluthund", weil dieser einen Budgetentwurf ablehnte. Die Klage Leitners auf Beschimpfung wurde allerdings abgewiesen, da das Oberlandesgericht Wien entschied, der Ausdruck beziehe sich nicht auf die Person, sondern das Verhalten.

Wolfgang Fellner, Herausgeber von Österreich, wiederum nannte in seiner Zeitung den Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter einen "journalistischen Bettnässer" und kam damit durch. Grund: es lag ein Tatsachensubstrat vor, das noch als Kritik durchgehen kann. Das bedeutet, so lange die Beschimpfung im weitesten Sinne als Kritik gesehen werden kann, gibt es gute Chancen sich auf die Menschenrechtskonvention beziehen zu können und damit davonzukommen.

Was darf die Kunst?

Die Grenzen der Meinungsfreiheit und der künstlerischen Freiheit wurden von Bushido im Song "Stress ohne Grund" ausgelotet. Er spielt darin auf die Homosexualität von Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit an und rappt: "Ich schieß auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz." Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, ließ von einer Klage ab, Wowereit nicht. Er zeigte Bushido wegen Volksverhetzung an. Da er sich allerdings auf Kunstfreiheit berufen konnte, kam es zu einem Freispruch.

Letztlich wurde unabhängig von Wowereits Anzeige der Verkauf des Songs und also des ganzen Albums an Jugendliche untersagt. Offizielle Begründung laut der Prüfstelle für Jugendgefährdung: "Das Gremium stufte Inhalte der CD als jugendgefährdend ein, weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren. Den Jugendschutzbelangen war nach Abwägung mit der Kunstfreiheit der Vorrang einzuräumen." Bei Jugendschutz hat also selbst die Kunstfreiheit ihre Grenzen.

Die Situation ist in Österreich sehr ähnlich zu der in Deutschland. Richter können Entscheidungen von dort als Grundlage verwenden, müssen das aber nicht. In einem "Zeit im Bild"-Interview sagte Bushido zum Thema "Stress ohne Grund", er sei aber sehr zufrieden mit dem Verkauf. Das Video habe immerhin 1,2 Millionen Klicks in unter zwei Tagen auf Youtube. Dass sich mit provozierenden Aussagen gute PR machen lässt, ist kein Geheimnis. Die Frage ist, wie weit ein Künstler gehen darf, um sich selber darzustellen oder andere zu kritisieren.

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