AUT ≠ AUS?

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle betrachtet die österreichische Kreativwirtschaft und ihre Ausbildungsmöglichkeiten mit freudiger Überraschung und akademischer Gelassenheit.

Viele Kreative sind in ihrer Disziplin zwar gut ausgebildet, scheitern aber beim Erstellen eines Business Plans. Auch die Förderagenturen bemängeln, dass es den Gründern und Absolventen an grundlegendem kaufmännischen Wissen und wirtschaftlichen Denken fehlt. Woran scheitert es?

Das Grundproblem ist wohl die Künstlerexistenz als solche, die der kaufmännischen Existenz nahezu diametral gegenüber steht, aus diskursiver Perspektive betrachtet. Es ist natürlich ein theoretisches Konzept , dass der Krämer und der Künstler zwei ganz verschiedene Naturen seien…

Aber da geht es ja genauso um die Designerin oder den Softwareentwickler …

Das scheint ein Phänomen zu sein, das auch über die kreativen Bereiche hinaus geht. Es ist aber durchaus lösbar, schon allein durch Information – es ist ja niemandem verboten, in entsprechende Lehrveranstaltungen zu gehen. Woran es wohl fehlt, sind die geeigneteren, kleineren „Lehr-Pakete“.

Es ist also nicht so, dass wirtschaftliches Denken schon zur Allgemeinbildung gehören würde?

Es wurde ja oft gefordert, man müsse das in der Schule lernen. Es ist einfach so, dass dieser Anspruch lange und auch heute noch nicht zum Kanon gehört. Dieser stammt aus anderen Zeiten und Welten: Deutscher Idealismus, Neuhumanismus, Aufklärung und Romantik sind die wichtigsten Kanon-Lieferanten. Und da ist die Wirtschaft auf verlorenem Posten. Im späten 20. Jahrhundert hat die Ökonomie sehr gewonnen, inzwischen hat sie wieder viel verloren durch die Finanzkrise. Eine Zeit lang gab es eine stark ökonomische Metaphorik – der Student war ein „Kunde“ -, das durfte man ungeniert sagen. Ich würde es nie sagen. Ich bin, was Kanonfragen angeht, konservativ. Das leiste ich mir jetzt einfach. Ich wäre schon offen für solche Anforderungen in der heutigen Zeit, nur sollten diese Anforderungen auch nicht zu kurz greifen. Was mich frappiert: Man stellt immer stärker fest, wie viele junge Menschen völlig haltlos und ungeschickt sind. Denen muss man z.B. erklären, dass ein Handy etwas kostet… Dies könnte am Fehlen einer wirtschaftlichen Grundausbildung liegen.

4.000 zusätzliche Studienplätze sollen bis 2015 im Rahmen des Fachhochschulausbaus geschaffen werden. Welche Fachbereiche fehlen in Österreich bzw. wie kommen kreative Studiengänge dabei weg?

Auch kreative Studienplätze werden beim Fachhochschulausbau berücksichtigt. Aber wir haben ein relativ flächendeckendes Angebot, regional verteilt. Außerdem, die Kreativität beginnt in Österreich schon in der Lehre. Ich selbst lebe in einem Dorf, wo viel qualitativ hochwertiges Handwerk betrieben wird. Wenn man die künstlerische und auch handwerkliche Kreativität zusammen denkt, kann man sagen: Kreativität findet in Österreich flächendeckend statt.

Kennt man die von der WKO im Impuls-Programm geförderten Projekte, sieht man, dass viele der geförderten innovativen Unternehmer z.B. Instrumentenbauer sind und maßgebliche Standards auch im Produktdesign setzen…

Ich kenne einige Instrumentenbauer, Franz Hackl z.B., heute Jazztrompeter in New York. Er baute eine Trompeten-Art, die teilweise aus Holz ist und entlockt ihr so völlig neue Klangqualitäten.

weiter auf S. 4: Töchterle zur Studienplatzverteilung und deutschen Studenten…

Bild(er) © Matthias Hombauer
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