Konstantin Gropper alias Get Well Soon ist der deutsche Pop-Messias, ausgebildeter Multi-Instrumentalist und Pop- Akademiker, und das merkt man seinen Liedern auch deutlich an. Seit Anfang Februar ist er mit seinem neuen, zweiten Album „Vexations“ auf Tour. Am 21. Februar machte er Station im Rockhouse Salzburg.
Die Scheinwerfer auf der Bühne gehen an. Im Lichtkegel steht Konstantin Gropper, gewandet in einen cremefarbenen Anzug. Im Dunkel dahinter sind seine Mitmusiker versteckt und ein Arsenal an Instrumenten, das nur darauf wartet, brachialst eingesetzt zu werden. Das Publikum anzusprechen spart sich Gropper, das überlässt er einer Frauenstimme, die sich ihren Weg aus dem Off bahnt. Bald taucht das zugehörige Mädchen, eine Art modernes Rotkäppchen, auf der Video-Wall hinter Gropper auf, dazu setzen kaum wahrnehmbar Streicher ein, sie werden lauter, die Band um Get Well Soon beginnt zu spielen. Lied um Lied wird das neue Album beinahe maschinengleich abgespult, untermalt von perfekt choreografierten Musikvideos. Das reicht um geschundene Seelen zu kosen und davon gibt’s in Salzburg anscheinend genug, wie das dichte Gedränge im Rockhouse-Saal zeigt.
Derweil ist die Musik auf Wanderschaft. Zeitlos flaniert sie durch Genres, lässt Folk in elektronische Klänge übergehen; beständig wechseln die Tempi, verwandeln sich Balladen in furiose Rockhymnen, ein schwermütiges Grollen durchzieht die Lieder als wiederkehrendes Motiv. Verena Gropper, die Schwester von Konstantin, spielt abwechselnd virtuos auf ihrer Violine oder lässt ihre Stimme kraftvoll und harmonisch in höchste Höhen vordringen. An die herzerweichenden Trauerballaden von Leonard Cohen fühlt man sich da zeitweise erinnert, an das gebrochene Krächzen von Tom Waits, an Bläserarrangements im Stil von Calexico. Akustisch setzt Get Well Soon auf die Karte Orchestralität, das Licht am Tunnel-Ende, das auf dem Debüt noch vereinzelt durchblitzte, ist hier aber nur mehr ein ersterbendes Flackern und lässt eine trostlose, lähmende Winterkälte zurück.
Frostig wirkt auch die Beziehung zwischen Band und Publikum. Erst nach der gefühlten ersten Hälfte des Konzerts bemüht sich Gropper aktiv, Bezug zum Publikum herzustellen: „Das nächste Lied ist für Roman Polanski, das Lied heißt aber ‚Werner Herzog Gets Shot’. Der hat ihm ja heute den Silbernen Bären überreicht.“ Keine Reaktion. „Was ist los Salzburg, pures Gold hier, ich hab heute extra noch die Ansage geprobt und jetzt …“ Und jetzt geht dem gemeinen Volk endlich ein Lichtlein auf: Das ist ein Schmäh, sprich: eine Aufforderung zum Applaus, und der kommt es dann auch nach. Ins Klatschen mischen sich alsbald wieder heftige Instrumentalgewitter. Destruktion und Melancholie werden weiterzelebriert bis zur Zugabe, in der dann noch ein ausgesprochen wütendes „If This Hat Is Missing …“ vom ersten Album ein sowohl musikalisch als auch optisch gesehen rundes Konzert beendet: Formvollendet war die Musik, die Texte gehaltvoll, das Konzert perfekt konzipiert – und das ist dann gleichzeitig auch der Schwachpunkt: Zu steril, fast schon klinisch mutete der Auftritt an. Nur ein Schuss Spontaneität hätte nicht geschadet, dafür war aber leider kein Platz.