Based on a True Story

Die sieben Sachen des Dr. Evil 2.0, Kim Dotcom, präsentiert der junge Künstler Simon Denny im Mumok. Wir sprachen mit ihm über das, was alle interessiert: Medien und so.

Es gibt ja viele Internet Skandale. Wieso hast du dich genau für diesen entschieden? Auch wenn man nicht autobiografisch denken soll, kam mir die Gemeinsamkeit Neuseeland, die du und Dotcom haben, in den Sinn.

Ich war selbst Nutzer von Magaupload und Megavideo, da kam die Geschichte automatisch auf meinen Radar. Ich lese viel Tech-Press und ich hatte mich davor schon künstlerisch mit Veränderungen in Technologie und deren Visualisierung beschäftigt. Die Sache fiel also genau in mein Interessensfeld und da dachte ich: großartige Geschichte. Es half, dass ich mit der Kultur in Neuseeland vertraut bin, bei der Entscheidung welche Prioritäten ich setze. Aber es (Anm. Neuseeland-Gemeinsamkeit) war dann mehr ein glücklicher Zufall, als eine primäre Motivation.

Was hältst du eigentlich von diesem Kerl, Kim Dotcom?

Ich denke, er ist ein sehr, sehr geschickter Businessman und Geschäftemacher. Er ist sehr gut im Umgang mit Medien; in allen Bedeutungen des Wortes: er weiß, wie man mit Mainstream-Medien umgeht, er kennt sich technologisch aus. Ich denke aber auch, dass sein primäres Interesse dem gilt, was er selbst macht. Er bringt sich zwar gern in Verbindung mit altruistischen Angelegenheiten und vergleicht sich mit Snowden – aber natürlich sind da ganz andere Motive dahinter (lacht). Er ist ein bunter Charakter, ein gewiefter Geschichtenerzähler und Performer…

…und er ist ein Gewinner, er kommt immer mit allem davon.

Das ist in Bezug auf Neuseeland auch interessant: Als das Ganze am Anfang in die Medien kam, war es irgendwie so "Was tut dieser massive Dr. Evil-Kriminelle hier in unserem kleinen Land". Es gelang ihm sehr schnell, die öffentliche Meinung umzudrehen und das Ganze zu einer "David und Goliath"-Geschichte zu machen: Er als der arme Businessmann, der von der Gnade der imperialistischen US-Agenda abhing. Das war sehr clever und hat für ihn unglaublich viel möglich gemacht. Er evoziert Dinge, die Neuseeländern gefallen. Wir lieben die Underdog-Story, das Bild des Selfmade-Mans.

Aber von seiner Seite floss auch genug Geld; das hatte wohl bei der Meinungsbildung einen Einfluss…

Absolut. Er hat Kampagnen von wichtigen Politikern unterstützt, hat das aber jetzt umgedreht – weil sie ihn seiner Meinung nach über den Tisch gezogen haben – und wettert jetzt aktiv gegen die Regierung, was ihn jetzt in die Position einer öffentlichen politischen Figur bringt.

Die Razzia: Wie stehst du dazu?

Für mein Projekt ist es eine wunderbar poetische Sache, die Sinn ergibt (lacht). Aber als Sache des echten Lebens ist es verrückt. Der Sinn und Zweck – nehme ich an – war ihm Reichtum wegzunehmen, den er durch angeblich illegales Schaffen angehäuft hat. Aber wie die Razzia abgelaufen ist, ist bizarr. Die Polizei in Neuseeland trägt ja normalerweise keine Waffen; sie hat eine spezialisierte Waffeneinheit, die für wirklich ernsthafte Verbrechen herangezogen wird. In Dotcoms Fall reden wir von Helikoptern und Maschinengewehren – das ist unglaublich übertrieben. FBI und das alles – wie in einem Film. Das wirft Fragen auf, wie sich Neuseeland in internationaler Politik bewegt, auch in Hinsicht auf die Zusammenarbeit mit den USA.

Als Künstler hast du sicherlich eine Meinung zu Fragen des Copyright Infringements.

Ich bin kunsthistorisch ausgebildet: Oft geht es um Collage, man denke an Appropriation Art ab den 70ern; Es ist Standard und wichtig für mich, dass man bereits existierendes Kulturgut verwendet. Damit sind Künstler meiner Generation aufgewachsen und das wird zu recht als gegeben gesehen.

Als zum Beispiel Sampling kritisiert wurde, fand ich das traurig. Wenn man auf einmal gewisse Dinge nicht mehr verwenden soll oder darf. Ich will in einer Welt leben, in der Reinterpretation und gezieltes Zitieren möglich ist und gefördert wird, weil es komplexe und interessante Ergebnisse hervorbringen kann. Andererseits habe ich viele Freunde, die Musiker sind und die Probleme haben über die Runden zu kommen, was vor 20 Jahren für sie kein Problem gewesen wäre. Ich verstehe die Probleme, die mit technologischen Veränderungen einhergehen, aber der richtige Zugang ist sicherlich kein protektionistischer. Man kann sowieso nicht dasselbe zwei Mal machen, es wird immer etwas anderes sein.

Wie gehst du selbst mit Downloads um?

Ich verstehe, dass Leute downloaden; ich verstehe den Frust, wenn man weiß, es gibt da dieses Programm, das alle deine Freunde in den USA gesehen haben und nur du nicht. Da teile ich sogar Kim Dotcoms Meinung: Hollywood sollte ein System haben wo man eine angemessene Summe für ein Programm bezahlt. Das Problem ist: so etwas gibt es nicht, nicht einmal Netflix läuft so. Deswegen existiert ja erst das Raubkopieren: weil es keine Möglichkeit gibt, auf legale Weise an etwas heranzukommen, es aber gleichzeitig so einfach ist, es auf illegale Weise zu tun. Wenn es Möglichkeiten gibt, Dinge legal zu bekommen, dann machen die Menschen das auch. Das bemerke ich an meinem eigenen Verhalten: seit es Spotify gibt und man fast an alle Filme im Apple Store herankommt, bin ich absolut bereit, dafür zu bezahlen.

Bild(er) © 1+2: The New Zealand Herald: Räumung der Villa von Kim Dotcom in Coatesville, 3+4:  mumok / Simon Denny: Ausstellungsansichten, 5: Simon Denny: Simon Denny
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