Experiment: Booker, Produzenten, DJs und Journalisten in einen Raum setzen, Tracks anhören und über »Bassmusik« reden lassen. Ihr werdet nicht glauben, was passiert ist.
Amira: Das kratzt schon recht an Footwork – auf einer Nummer der EP gibt’s ein DJ Rashad Feature. Habt ihr das Gefühl, dass das jetzt in Wien angekommen ist, auch durch Parties wie denen von Sexy Deutsch?
Othmar: In einem Kreis, der sich gern mit neuen Sachen beschäftigt und nicht ewig Hip Hop nachtrauert, schon. Aber als Veranstalter ist es schwierig. Da gibt’s einige, die draufgezahlt haben mit ihren Acts. In Wien kommen die Sachen später an. London, Paris, Berlin – dann wissen wir: Ok, in drei Jahren können wir den Act in Wien machen und dann kommen wir mit Null raus. Oder: wir können ihn eh nicht mehr bezahlen, weil der Act dann international zu groß ist. Ich bin gespannt, wann der Rustie das nächste Mal zu uns kommen wird, außer auf die Festivals.
Georg: Wo’s dann auch verschossen wird. Da muss ich schon einen Abstecher dazu machen, wie die großen Festivals das Partygefüge negativ beeinflusst haben. Die zahlen Summen, bei denen keiner in einer kleinen Location, wo das aber viel mehr passen würde und mehr interessierte Leute kommen würden, mithalten kann. Und genau dieselbe Diskussion hatten wir schon vor vier, fünf Jahren und zwar auch schon über Footwork.
Lukas: Ich habe schon das Gefühl, dass man sich ein Publikum auch „erziehen“ muss in gewisser Weise. In Linz in der Stadtwerkstadt habe ich mal mit Flako und Abby Lee Tee gespielt und da hatte ich einfach das Gefühl, dass es nicht zuletzt ihretwegen ein tolerantes Publikum gab und auch ein diverses. Da war vom Berufsschüler – das mein ich jetzt nicht abwertend – bis zum Beathead alles da. Linz ist halt kleiner und ich weiß nicht, in wie weit das in Wien funktioniert. Aber ich glaube das eigentlich schon.
Amira: Ich würd‘ mir halt in Wien, wo ja mit dir Lukas, Cid Rim, Dorian Concept, Milo Mills, Salute und so weiter doch einige Leute herkommen, die international in eine experimentierfreudigen Szene mitprägen, ein höheres Interesse an neuen Sachen erwarten.
Georg: Da ist aber Drum and Bass Schuld, die nehmen einfach Leute weg.
Kevin: Es ist schon sehr interessant, dass in Wien für so lange Zeit eine so starke Drum and Bass Kultur konserviert wurde…
(Alle reden durcheinander)
Othmar: …ich würde ja fast sagen: Wien ist irgendwann die zweite Drum and Bass Hauptstadt nach London geworden.
Georg: Wenn man eine Bassmusic-Party im Flex machen würd’ am Samstag, wär’ die Szene auch anders.
b>Hörprobe: Flying Lotus – Tesla
Kevin: Hat das jetzt noch Platz unter Bassmusik, weil es von Flying Lotus ist…
Amira: …und gibt’s auch Tendenzen in Bassmusik sich mehr mit Jazz zu beschäftigen?
Kevin: …auch in Bezug auf Club…
Lukas: Die Musiker, die Musik machen, weil sie’s lieben, denken darüber nicht nach. Fly Lo ist ein Typ, der sich bewusst von seinen eigenen Mustern löst, eben, um sich nicht selber zu kopieren. Ich denke, dass er sich da weiter rauswagt, weil er riesige Shows spielt und eben auch Clubshows, wo er vielleicht auch wieder weg will.
Amira: In der Situation wo Flying Lotus ist, kann man sich das ja auch leisten.
Max: Das würd‘ ich auch sagen, ich denke, dass er genau jetzt die Möglichkeit hat freaky shit zu machen, der dann aber auch gehört wird.
Lukas: Ich würd’ da gar keine bewusste Entscheidung unterstellen, ich bin mir jetzt schon komisch vorgekommen, das gesagt zu haben. Da unterstell‘ ich ihm auch etwas, was ich nicht wissen kann. Das finde ich problematisch beim über Musik reden.
Kevin: Die Frage ist halt eher, ob Jazz im Clubkontext auch stattfinden kann, oder ob das eine Ausnahme ist.
Lukas: Es sollte kein Kriterium beim Machen von Musik sein, ob das für den Club ist, oder nicht. Das ist ja hirnverbrannt. „Fuck, ich hab noch keinen Clubtrack am Album“ – wenn man so denkt, wieso macht man dann Musik, wenn man sich selbst schon so einschränkt.
Max: Ich denke, es ist wohl schon eher die Ausnahme. Weil es auch zu anspruchsvoll ist.
Kevin: Dann gehen wir wieder zu Niederschwelligem…
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