Ist sie? Ist er? Ist das Pop? Oder »Pop«? Ist das idiotisch? Klingt das überhaupt gut? Und wen schert es?
PC Music ist nicht mehr ganz neu. Vor zwei Jahren feierten viele das Label aus London heftigst ab. Genug Leute hassten es auch. Wir hatten Sophie zum Jahreswechsel eine strahlende Zukunft vorausgesagt. Die Zukunft kam nicht so schnell wie gedacht. Es flossen eigentlich nur einige bekannte Konzepte neu zusammen. Das Spiel, mit völlig künstlichen Images, mit der Kontrolle dieser Images, mit Fetischs, mit Pop, mit der Identität und mit der fantastischen Magie von Musik etwas entwerfen zu können, das nichts mit den konkreten Personen hinter den Sounds zu tun hat.
Die Bilder waren total affirmativ, die Melodien waren total affirmativ, die Beats waren kaputt und seltsam. Im Vaporwave oder in der Pop Art gab es dieses Spiel ja auch schon. Ist das mit sich selbst ident, sind das die Symptome des Kapitalismus und seiner klassischen Geschlechterrollen oder will das alles etwas anderes? Diedrich Diederichsen hat das in seinem Wälzer »Über Pop-Musik« bereits als den großen Umbruch und den kommenden Modus von Pop beschrieben, Identität nämlich nicht mehr bestätigen zu müssen, sondern damit zu spielen, zu wetten und damit zu spekulieren. Sophie tut genau das.
Sonisch erinnert »Product« dabei an Mouse On Mars und Aphex Twin, die mit breitem Eurotrash aufgebohrt und pinkem Silicon ausgekleidet wurden. Dass Sophie schon mit Madonna, Nicki Minaj, Diplo und Charli XCX zusammengearbeitet hat, hört man gerade bei einem Track wie »L.O.V.E.« nicht so deutlich heraus. Das Album macht nichts wirklich falsch. Der größte Vorwurf, den man »Product« aber machen kann, ist, das Spiel nicht weit genug getrieben zu haben. »Bipp« erweckte noch den Eindruck, als könnte Sophie übermenschlichen Pop schreiben und jederzeit die Regeln und die Richtung diktieren. Dieses Album klingt nun so, als ob die Erwartungen zu hoch waren. Als hätte Sophie doch mehr Spaß daran, Musik für Fashion Shows und Galerie-Eröffnungen zu schreiben, statt mit der totalen Künstlichkeit die Charts, Timelines und die Bühnen von Sommerfestivals zu erobern. Natürlich ist das gut. Betrunkene Proleten »C-c-c-candy boys« grölen zu hören, wäre halt auch interessant gewesen.
"Product" von Sophie ist am 27. November offiziell erschienen. Vielleicht weil es eine Sammlung von Singles ist oder das Ganze vor Wochen geleakt ist, ohne die üblichen Streaming-Möglichkeiten. Auf Bleep ist das Album fast zur Gänze streambar.