Es braucht mehr Dada, Neu-Punk und weniger Langeweile in den oberen Positionen der Kultur, aber vor allem keine Porsche mehr!, sinniert Bastian Wilplinger, Regisseur von "DER-MERZ-WELT-NEU-BAU".
Wie waren die Reaktionen auf den ersten Teil, „Aufruf zur Reduktion“?
Die Reaktionen waren sehr gut. In der Gruppe großartig, sodass wir wieder antreten: es ist ja nicht so, dass wir monatelang proben. Sechs Monate oder drei Tage heißt es, aber zu sechs Monaten Proben fehlt mir das Geld also sind es viele Gespräche, jeder und jede bereitet sich vor, entwickelt allein oder zusammen Teile unserer Arbeit, dann kommen ein paar nette Proben und dann muss man rein springen: das will ich den Miasma-Effekt nennen und der hat viel mit Vertrauen zu tun, das es ohne die Aufführung im letzten Jahr so nicht geben würde. Den Auftritt am Donaufestival würde es auch nicht geben. Da gibt es auch schon ein paar Gespräche mit dem Rest der Welt. Also sind das gute Reaktionen.
Traurig ist es, oder viel besser gesagt: eine Schande ist die Reaktion der zuständigen Fördergremien der Stadt Wien. Letztes Jahr hatten wir eine drei-tägige Show mit ungefähr 70 Beteiligten und 50 % Eigenmittel und die Jury der MA7 lehnt eine Förderung ab, ohne vorher einen Blick in die Unterlagen zu werfen. Gut. So soll es sein. Wir haben das gesamte Geld selber besorgt.
Heuer ist es so, dass wir auf dem Donaufestival eine Aufführung zeigen, die in HD-Qualität mit mehreren dynamischen Kameras aufgenommen, als Livestream im Netz gezeigt wird. Weiter stellen wir mit mehreren Fotokameras eine Art Making-Off ins Netz, und noch manches mehr … und die MA7 Abteilung „Neue Medien“ fand auch das nicht förderungswürdig. Das ist peinlich und wir werden dann eben mit anderen Partnern zusammenarbeiten.
Das Bürgertum steht in der Kritik – wie schafft ihr diese Kritik und wie nötig ist diese Kritik heute?
Grob gesagt bezeichne ich die bürgerliche Gesellschaftsform als eine Kette von Kindesmisshandlungen. Keine sexuellen Misshandlungen, aber Züchtigungen,
Zuschneidungen, Einpressungen und Reglementierungen. Alles in allem geht es darum, den Urgrund für die psychotische Gesellschaft offen zu legen und diese zu beenden. Sie zu erwürgen. Besser: sie in den Suizid zu treiben. Und dieser Urgrund ist Kindesmissbrauch. Allen Kindern muss schon ganz früh jeder Schopf Wildheit oder Wahnsinn, der aus ihren Köpfen wächst, abgeschnitten werden. Alle bürgerlichen Kinder müssen so lange weich geklopft werden und an die Regelwand geknallt werden, bis sie mürbe werden und brav.
Wir treten ja nicht in diesen großen Repräsentationsmaschinen der bürgerlichen Gesellschaftsform, diesen Burg- und Josefstadttheatern auf, sondern auf dem Donaufestival und durch unsere erweiterte Spielzone Internet wollen wir erreichen und erreichen wir auch den ganzen Rest außerhalb der 50 – 70-jährigen Sektfoyerbesucher. Da ist keine Kritik an den 50 – 70-jährigen, wir sind nur etwas mehr an den anderen interessiert. Von Kentucky bis Kinshasa.
Die Kritik ist deshalb nötig, da es sonst nichts gibt außer einer ausgehöhlten Bourgeoisie. Ich habe in den letzen zwei Jahren ein paar sogenannte Chefs und Chefinnen getroffen und das herausragendste Merkmal war: Langeweile. Die sind alle ganz fürchterlich langweilig. Ein bisschen Neu-Punk schadet nicht. Wir kommen aus Theater, Musik, Internetkunst, Computerprogrammierung, Film, Malerei, Skulptur und Medienwissenschaft, aus Österreich, Polen, Großbritannien, Finnland und Deutschland und sind zwischen 20 und 48 Jahre alt. Das ist doch schon was!
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