Buhmann mit Erfolg

Er hat das Frequency Festival erfunden und bestimmt seit gut 15 Jahren den Konzertmarkt des Landes mit. Harry Jenner gilt ob seiner Direktheit als schwieriger, streitbarer Typ, vor allem aber als tougher Geschäftsmann.

Aus vielen von Jenners Aussagen spricht diese unverblümte Art, mit der nicht alle gut zurechtkommen, wenngleich man ihm zugestehen muss, dass er verträglicher geworden ist. »Ich bin genau der Typ, der fix nicht hinter deinem Rücken lästert, sondern es dir direkt ins Gesicht sagt. Das finde ich immer noch die straightere Variante. Aber mit den Jahren – ich bin jetzt 44 und habe drei Kinder – wird man ruhiger, entspannter, reifer.«

Dass er noch immer sehr entschieden bis herausfordernd formuliert, merkt man, wenn Jenner im Interview über »Wahnsinnigkeiten« von Mitbewerbern aus dem Ausland redet und ihnen das nötige Gespür abspricht. Oder wenn er Kritik an ihm und seinen Bemühungen nicht nachvollziehen kann – etwa an den verhältnismäßig ambitionierten Umweltschutzmaßnahmen am Frequency, das seit 2009 wieder in Ostösterreich, genauer gesagt, in St. Pölten stattfindet: »Wir haben Neoprentaucher, die die Traisen fast sauberer machen, als sie vorher gewesen ist. Wir haben eine Ölsperre installiert, wir haben Awareness-Teams vor Ort, Volunteers, die Müll sammeln, … Du reißt dir den Arsch auf und alles, was übrigbleibt, ist ein Video, wo einer fünf Minuten nach Ende des Festivals mit dem Radl und einer Kamera durchs (zugemüllte; Anm. d. Red.) Gelände fährt. Da frag ich mich: ›Warum tu ich mir die Hacke eigentlich an?‹«

Noch so eine Sache, die er nicht nachvollziehen kann: Warum es wichtig sein soll, auf ein möglichst ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Festival-Line-up zu achten. »Das versteh ich einfach nicht. Ich hab mir in 20 Jahren noch nie gedacht: ›Fuck, da spielen nur Frauen mit, die Band buch ich nicht.‹ Wir haben zehn Booker und ich kann für jeden einzelnen davon die Hand ins Feuer legen: Keiner schaut da drauf, ob das ein Manderl oder ein Weiberl oder ein Mix oder whatever ist. Sondern da wird geschaut: Ist’s gute Mucke, kann ich Tickets verkaufen?« Dass unter den zehn Bookern des Unternehmens aktuell keine einzige Frau ist, hat Jenner noch nicht hinterfragt. Wichtig sei ihm, dass Frauen für den Job nicht ausgeschlossen sind. Auch seiner Tochter habe er versucht mitzugeben, dass sie alles, was sie erreichen will, auch erreichen kann. »Ich bin da eher so: Es gibt ein Problem – was ist die Lösung dafür? Und nicht: Warum gibt es das Problem?«

Und was sagen aktuelle bzw. ehemalige Kollegen über Harry Jenner? Manche lieber nichts. Oder, dass sein Humor halt ein wenig »tiaf« sei, was man als Außenstehender alle Jahre wieder auch bei der bierseligen Barracuda-Programmpräsentation miterleben kann. Jenner: »Ich komm aus Simmering, ich seh das nicht so eng … Es ist verdammt noch mal immer noch Rock ’n’ Roll.«

Tough, aber fair

Gar nicht so wenige sagen auch: »Aber ich mag ihn trotzdem.« Wenn man seine »schwierige Art« ausblende, lasse es sich gut mit ihm arbeiten – er sei tough, aber fair, frei von Hinterfotzigkeit, und könne auch einstecken. »Ich hab’s oft bewundert, dass es ihm scheinbar egal ist, was die Leute so über ihn denken«, erzählt Birgit Hinterhofer, die in der Promo-Abteilung des Unternehmens gearbeitet hat. »Vermutlich muss es dir das in dem Geschäft auch sein, sonst wird das nix. Aber vielleicht ist’s ihm gar nicht egal und man glaubt das nur, weil er halt der ›harte Hund‹ ist.«

Dass er auch ohne Druck von außen Innovationen – von Bühnenbild über Gastronomie bis hin zum Digitalauftritt – im Unternehmen vorangetrieben hat, hält ihm Silvio Huber, der voriges Jahr von Barracuda zum Konkurrenten Arcadia Live gewechselt ist, zugute. Wie auch eine gewisse Schläue, den nötigen Atem und die richtigen Entscheidungen.

Den angesprochenen Druck von außen gibt es mittlerweile. Neben der Beteiligung von FKP Scorpio bei Arcadia (Nuke und sämtliche Festivals im ehemaligen Barracuda-Territorium Wiesen) ist mit der DEAG (Rock In Vienna) noch ein zweiter internationaler Entertainment-Riese in Österreich aktiv geworden. Für Jenner kein Problem: Sein Unternehmen sei noch nie in ernsthafter wirtschaftlicher Bedrängnis gewesen und erwarte 2016 das erfolgreichste Jahr überhaupt, erklärt er – spart dabei aber aus, dass man im Vorjahr zur Verstärkung einen Finanzinvestor aus Neuseeland ins Boot geholt hat. Die geänderte Marktsituation habe jedenfalls geholfen, aus dem alten Trott auszubrechen, neue Ideen zu entwickeln und sich zu konsolidieren.

Und noch eine positive Seite kann er der neuen Konkurrenz abgewinnen: »Wenn man sich die anschaut – die machen genau dasselbe wie wir in Blassgrau, mit Anlauf und minus zwei Punkte. Also ich bin heilfroh, dass das so ist, weil es bei vielen Leuten, was uns betrifft, jetzt auch ein Umdenken gibt: ›Die sind ja gar keine unsympathischen Monopolisten, die pinkeln auch nur im Stehen – das aber mit gutem Ziel.‹«

Das Frequency Festival findet heuer von 17. bis 20. August in St. Pölten statt. Zu sehen sind Acts wie Deichkind, Bilderbuch, Paul Kalkbrenner, Parov Stelar, Sportfreunde Stiller, Manu Chao und Massive Attack.

Bild(er) © Jana Sabo
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