Konzertfotos: Cigarettes After Sex im Wiener Gasometer – Schall und Nebel

Ein Hauch Melancholie, lückenhafte Atmosphäre und ganz viele Smartphones – das waren Cigarettes After Sex im Gasometer.

© Anna Breit

Die Meister der Melancholie und der ganz großen Traurigkeit, Cigarettes After Sex, haben gestern im Gasometer ihre Europatour fortgesetzt. Die vierköpfige Ambient-Kombo aus Texas ist seit ihren Youtube-Erfolgen (»Nothing’s Gonna Hurt You Baby«, »Keep On Loving You«, »Affection«) und ihrem 2017 erschienenen Debütalbum ständig auf Achse. Österreichische Fans haben sie bisher mit ganzen sieben Konzerten in den letzten zwei Jahren erfreut. Die Band hat sich also nicht gerade rar gemacht und wohl auch gerade deshalb eine treue Live-Fangemeinde aufgebaut.

Young & Dumb

Eine Band wie Cigarettes After Sex, die in ihrer besten Form allein oder/und heulend genossen wird, verlangt vor allem eines von einer Konzert-Venue, um zu funktionieren: Intimität. Nach ihrem letzten Wienkonzert, das ausverkauft im Flex stattfand, sind sie heuer allerdings leider in die ungleich größere Konzerthalle des Gasometer gewechselt – zum Leidwesen des geschmeidigen Ambientsounds und jeglichen Versuchs, eine intime Stimmung aufzubauen.

Als der Mann mit der Stimme, Greg Gonzalez, und seine drei Kollegen schließlich pünktlich in dichtem Nebel die Bühne betreten, beginnen die ersten U18er zu kreischen. Ein gut gefüllter Gasometer erwartet die Band, die kommentarlos mit »Young & Dumb« ihre Show beginnt. Wohl angepasst ans Publikum.

Nach den ersten drei Songs meldet sich Gonzales schließlich das erste Mal kurz und mit tiefster Sprechstimme zu Wort, die sofort von den Gasometer-Wänden verschluckt wird. Wie schön es sei, wieder in Wien spielen zu können. Schnell zählt er den nächsten Song ein – unnötigerweise, schließlich ist die Band perfekt eingespielt.

Als schließlich das Intro von »Nothing’s Gonna Hurt You Baby« einsetzt – die Youtube-Hymne, die Cigarettes After Sex in kürzester Zeit in die Playlists sämtlicher Indie-Kids katapultiert hat – ist das prä-und postpubertäre Gekreische groß. Greg Gonzalez Beschwichtigungen wirken allerdings recht steril und abgeklärt – den Teenies ist das wurscht, für die Insta-Story reicht’s allemal. Zwei Amis singen laut und falsch in die instrumentale Bridge rein und besprechen auch gleich ihre Erasmus-Experiences, bis schließlich eine kurze Diskussion mit einem wütenden Fan entsteht.

Die Stimmung ist leider wenig ambient, sondern eher ambivalent – irgendetwas zwischen verzweifeltem Versuch, ungestört Gonzalez’ Stimmenbalsam aufzusaugen und aufgeregter Teenage-Smartphone-Angst.

Ein filigraner Moment

Wenn man richtig zugehört hat, wird man als Die-hard-Fan aber erst mit »Opera House« auf seine Halb-Depri-Schunkel-Kosten gekommen sein. Die Menge – und die zwei Amis – kreischen bei der einsetzenden E-Gitarre zwar trotzdem kurz auf, von hinten wird ein »Den Song kenn ich ja gar ned« gemurmelt, das Handy filmt deshalb sicherheitshalber alles mit. Dennoch ist kurz ein Hauch jenes filigranen Moments zu erhaschen, den Cigarettes After Sex ansonsten in jedem ihrer Studiotracks erschaffen.

Kurz nach 22 Uhr ist das Konzert vorbei, die vier Texaner verschwinden hinter dem Bühnennebel im Schwarzen, die Leute strömen aus dem wohl traurigsten Ort Wiens raus und hören im zur U-Bahn-Gehen den vom Wind rübergewehten Open-Air-Arena-Sound des dröhnenden G-Eazy-Konzerts.

Das Konzert von Cigarettes After Sex fand am 15. Mai 2018 im Gasometer in Wien statt.

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