Alle kennen sie, viele nutzen sie: Online-Dating-Apps. In Küchentischgesprächen haben Cristi Iorga und Magdalena Reichinger einer Handvoll Bekannten zugehört, ob sie bei den Apps wirklich Liebe finden oder doch mehr Frust erleiden. Ihr sympathischer Kurzdokumentarfilm »Uninteressiert Interesse zeigen« ist neu in der Cinema Next Series kostenfrei zu streamen. Wir haben das Regieduo zum Interview gebeten.
»Uninteressiert Interesse zeigen« ist die nächste Veröffentlichung in der Cinema Next Series, die regelmäßig auf der Streamingplattform Kino VOD Club kostenlos spannende Filme von heimischen Filmtalenten präsentiert.
In euren eigenen Worten: Worum geht es in »Uninteressiert Interesse zeigen«?
Cristi Iorga und Magdalena Reichinger: Ganz einfach: Es sind Küchentischgespräche über die frustrierenden Seiten am Online-Dating, so wie wir sie alle kennen und schon geführt haben. Auf einer Metaebene könnte man sagen, es ist das Porträt einer Generation, für die Online-Dating die normale Art zu daten geworden ist und die gleichzeitig in einem sehr zwiespältigen Verhältnis zu Online-Dating-Plattformen steht. Der Großteil der Menschen in unserem Umfeld nutzt sie und gleichzeitig haben die meisten gar keine Lust mehr auf diese Art des Datings. Es ist sogar irgendwie schon wieder aus der Mode gekommen und man wünscht sich eigentlich die romantische Art des »realen Kennenlernens« zurück. Denn Online-Dating ist verbunden mit vielen Missverständnissen, Frust und Gleichgültigkeit. All diese Themen schaffen Redebedarf – und diese Gespräche haben wir in unserem Film aufgenommen.
Magdalena, du bist Anthropologin, Cristi, du arbeitest vor allem als Tonmeister. Wieso habt ihr euch dafür entschieden, euch dem Thema »Dating« zu widmen?
Cristi: Durch Zufall. Ich habe eines Tages immer wieder meine Freundin gefilmt und dabei ein Gespräch zwischen ihr und ihrer Schwester erwischt. Sie hatten sich schon an das Filmen gewöhnt, da ging das Gespräch Richtung Tinder – und dann waren auf einmal auch ganz viele Emotionen da. Das war mein Glück. Ich selbst war nur ganz kurz auf Dating-Apps und habe es ziemlich schnell wieder aufgegeben. Ich dachte es ist nur für Männer so mühevoll, Matches zu kriegen und Dinge ins Rollen zu bringen. Es war für mich erleuchtend, auch die Frustration der anderen Seite zu hören. Da habe ich bemerkt, dass dieses Thema sehr viel Potenzial hat, und bin damit zu Magda gegangen.
Magdalena: Als Anthropologin bin ich sowieso am Menschen interessiert und an dem, was er und wieso er was tut. Und als Cristi mit seiner Idee auf mich zugekommen ist und ich den kurzen Ausschnitt gesehen habe, konnte ich mich sofort damit identifizieren und habe mir gedacht: Machen wir doch was Längeres daraus. Ich glaube, das ist auch das, was an unserem Film ganz gut funktioniert: dass die meisten Menschen sich in der ein oder anderen Situation wiedererkennen.
Wie habt ihr die Menschen gefunden, die euch im Film offen von ihren persönlichen Online-Dating-Erfahrungen erzählen?
Wir wussten, dass wir bei so einem sensiblen Thema einen Vertrauensvorschuss brauchen. Deshalb haben wir Menschen in unserem näheren Umfeld gefragt, die wir kennen und mit denen wir auch selbst schon am Tisch gesessen sind und solche Gespräche geführt haben. Viele Leute haben abgesagt, weil es ihnen zu persönlich war. Doch am Ende hat es eigentlich ganz gut geklappt, auch wenn die Kamera natürlich immer ein Fremdkörper bleibt.
Viele suchen auf Dating-Plattformen nicht bloß Sex, sondern auch Liebe — was sichtlich auch frustrierend sein kann. Ihr legt euren Film sehr humorvoll an. Darf man Dating-Apps nicht ganz ernst nehmen?
Magdalena: Oh doch! Dating-Plattformen sind super. Ohne die hätt’ ich jetzt kein Kind. (lacht) Aber man muss das alles mit ein bisschen Humor sehen. Und wer zu ernst an das ganze Thema Dating herangeht, der hat meistens eh schon verloren. Das sehen auch unsere Protagonist*innen so.
Cristi: Man soll Dating-Apps auf keinen Fall zu ernst nehmen. Es ist ein Kommunikationsmedium, das sehr künstliche Situationen schafft. Dass Online-Dating überhaupt funktioniert, ist schon ein bisschen ein Wunder. Es könnte sein, dass in der Zukunft der Urknall einer 40-jährigen Ehe folgendermaßen ausgeschaut hat: Ich saß am Klo, dann sah ich die Liebe meines Lebens und wischte nach rechts.
Der Film dauert kurzweilige 14 Minuten und wirkt wie eine Momentaufnahme von Gesprächen unter Freund*innen. Wie kam es zu dieser Form?
Magdalena: Wir alle kennen diese Art von Gesprächen – wo man zusammensitzt und über die Bedeutung des Bussi-Smileys philosophiert oder darüber, wieso trotz der beiden blauen Häkchen noch immer keine Antwort da ist. Wir wollten genau diese Gespräche aufzeichnen, also die Form war für uns von Anfang an klar. Es war uns wichtig, die Gesprächssituationen so natürlich wie möglich zu gestalten – in gemütlicher Umgebung, bei unseren Protagonist*innen zu Hause, quasi als Fortführung von Cristis spontaner Aufnahme. Wir haben uns vorgenommen, den Film eher beobachtend zu gestalten, und uns während der Dreharbeiten sehr zurückgehalten und kaum an den Gesprächen beteiligt.
Kommen weitere (Dokumentarfilm-)Projekte von euch?
Magdalena: Dokumentarfilme sind unsere Herzensprojekte. Cristi hat in der Zwischenzeit eine internationale Familie dokumentarisch begleitet und daraus eine 22-minütige Doku mit dem Namen »Das bessere Ausland« gemacht. Wir hoffen, dass wir in Zukunft auch mal wieder Zeit für ein neues gemeinsames Projekt finden werden.
Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junger Film aus Österreich.