Die Kunst als eine Kybernetik der Armen – »Cybernetics of the Poor« in der Kunsthalle Wien

Wie gestalten sich die Beziehungen von Kunst und Kybernetik? Mit dieser Frage beschäftigt sich die von Diedrich Diederichsen und Oier Etxeberria kuratierte Ausstellung »Cybernetics of the Poor« in der Kunsthalle Wien.

© Bildrecht Wien, 2021 — Robert Adrian X »Computer Clerk, Canadian Pacific Railway (Car Accounting)«, aus der Serie »24 Jobs«, 1979, Courtesy Mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien

Die Kybernetik wird als wissenschaftliche Forschungsrichtung definiert, die Systeme verschiedenster Art – etwa biologische, technische oder soziologische – auf selbsttätige Regelungs- und Steuerungsmechanismen hin untersucht. Die Schnittpunkte von Kybernetik und Kunst nimmt »Cybernetics of the Poor« in den Blick.

Kuratiert von Diedrich Diederichsen, Pop- und Kunsttheoretiker sowie Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien, und Oier Etxeberria, Leiter des Bereichs Bildende Kunst am Tabakalera International Centre for Contemporary Culture in Donostia/San Sebastián, präsentiert die Ausstellung Werke von über 30 Künstler*innen wie Robert Adrian X, Ferdinand Kriwet, Lili Reynaud-Dewar, Constanze Ruhm, Jörg Schlick, Axel Stockburger sowie Ana de Almeida, Alicja Rogalska & Vanja Smiljanić.

Kybernetik als wirtschaftflicher Faktor

Seit den späten 1940er-Jahren kursiert der Begriff Kybernetik. Systeme, die messen, antizipieren und auf veränderte Zustände intervenierend reagieren, haben zunächst insbesondere in Verwaltung, Planung, Kriminologie und der frühen Ökologie eine Rolle gespielt. Im digital geprägten Kapitalismus der Jetztzeit ist die Kybernetik zum wirtschaftlichen Faktor geworden, der sich etwa im Schlagwort Big Data ausdrückt. Aus Sicht der Ausstellungsverantwortlichen müsse die Kunst auf diese Entwicklung reagieren: »als eine Kybernetik der Armen«.

Die Ausstellung zeigt Arbeiten, in denen die Machtlosigkeit der Kunst gegenüber kybernetischen Systemen zum Ausgangspunkt für Gegenentwürfe zu ebendiesen Systemen wird. In anderen Arbeiten – historischen wie zeitgenössischen – spiegelt sich der Glaube an die Kybernetik als partizipative, spielerische Praxis.

Ana de Almeida, Alicja Rogalska & Vanja Smiljanić, »NOVA«, 2020 © Ana de Almeida, Alicja Rogalska, Vanja Smiljanić & Kunsthalle Wien, 2020

Auch der Kunsthalle-Wien-Podcast widmet sich der Ausstellung – zum einen in einem Interview mit dem Künstler und Theoretiker Axel Stockburger über den Begriff der Kybernetik, zum anderen der künstlerischen Praxis von Ana de Almeida, Alicja Rogalska & Vanja Smiljanić, die aus feministischer Perspektive auf Live-Action-Role-Playing-Games Bezug nehmen, und Constanze Ruhm spricht in der neuesten Episode über ihre Videoinstallation »CRASH SITE / My_Never_Ending_Burial_Plot«.

Weitere Podcast-Episoden zu »Cybernetics of the Poor« sind in Vorbereitung, und sobald es wieder möglich ist, wird es, neben den Onlineformaten, auch ein umfassendes Begleitprogramm geben. Mehr dazu auf www.kunsthallewien.at. Und bis zum Ausstellungsende können die Besucher*innen den Eintrittspreis nach »Pay what you can«-Prinzip selbst bestimmen.

Die Ausstellung »Cybernetics of the Poor« ist bis 25. April in der Kunsthalle Wien im Museumsquartier zu sehen.

Dieser Beitrag ist in Kooperation mit der Kunsthalle Wien entstanden.

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