Das Leben der Schwersten eines (1) ist

Wissen und was wir dafür halten: In den meisten Fällen reicht es ja aus, wenn 80 Prozent richtig sind und 15 Prozent halbwegs stimmen. Fünf Prozent dürfen ruhig falsch sein.

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Podiumsdiskussion: „Respekt nach unten ist wichtiger als Respekt nach oben“, sagt Andreas Treichl und zynisch kann man sofort antworten: das ist leicht zu sagen, wenn oben kaum mehr was ist. Obwohl man eigentlich weiß, dass er eigentlich recht hat. Zum einen gibt es immer jemanden oben drüber. Zum anderen sollte man sich immer vergegenwärtigen, dass man nicht alles weiß. „As soon as I go thinking I know everything there is / I stop and tell myself I never did and I never will“, sagt Larry Barrett. Will ich auch nicht. Denn wo ein Wille ist, ist auch Weg, der wegführt, wenn man nur weg will. Das spannendste an Entwicklungen ist, dass man nicht weiß, wo sie enden. Bei vielen Wegen ist man froh, wenn man weiß, wo sie begonnen haben. Selbst wenn man eine professionelle Prognose abgibt oder um ein Expertenstatement gebeten wird, wirkliches, endgültiges Wissen gibt es nicht. Und wer sich eine professorenhafte Pfeife anzündet und im eigenen Wissen mit Sicherheit zurücklehnt, um eine autoritäre Einzelmeinung abzugeben, der ist entweder zu naiv, um das zu wissen, oder zu eingebildet, um es vor sich selbst zuzugeben. Das Kernproblem des Journalismus steckt da drinnen, denn wie soll man anderen Menschen sinnvoll etwas mitteilen, wenn man es selber niemals durchblicken können wird. Mit manchen kann man reden, mit anderen eben nie. In den meisten Fällen reicht es ja aus, wenn 80 Prozent richtig sind, 15 Prozent halbwegs stimmen und fünf Prozent dürfen ruhig falsch sein. Denn zum einen deckt man mit den ersten 80 Prozent neunundneunzigkommaacht aller Anfragen und Situationen ab. Zum anderen würde die Korrektur der restlichen 20 Prozent mehr kosten als das Erstellen der ersten 80, was ja rein ökonomisch keinen Sinn macht. Die vollen 100 Prozent sind nur in öffentlich-rechtlichen Biotopen ein weiterhin bestehendes, aber nie erreichtes Prinzip. Um einen Blick darauf zu bekommen, was Journalismus heute bedeutet, reicht es ja schon, eine U-Bahn-Station oder einen Bahnhof zu betreten und zuzugreifen. So der Bahnhof noch dort ist, wo er zuletzt war. „I’m not convinced by anything I say“, sagt Clem Snide. Und das sind die Abschlussworte der Diskussionsrunde. Wir danken für die Aufmerksamkeit. Das Buffet ist eröffnet.

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