Fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit haben die Mystery Jets ihre Kunst des Songwritings perfektioniert. Und kombinieren das auf »Curve Of The Earth« mit locker gesungenen Zeilen über diesen einen Planeten.
Wie soll man sich schon über Songs und Melodien streiten? Bei den Mystery Jets muss man das wohl. Denn sie zirkelten immer weiter von zappeligem Indierock weg. Vor zehn Jahren hatten struppige Haare, waren austauschbar, aber passten mühelos in die Verkaufsvorlagen von Musikvermarktern. Mit »Serotonin« kam dann Pop in vollen Zügen. Am Cover blasse, mintgrüne Farben, Männer bei der Hygiene, weltgewandte Songwriterschule. Das klang hervorragend, ging nur leider nicht so richtig auf. Weil allzu große Sprünge versteht ein Publikum nicht. Wenn schon mondäne Melodien, dann bitte von Kindsbeinen an. Sonst wirkt das schnell unglaubwürdig, nicht authentisch – egal wie sehr man das als irrelevant empfinden mag – und es wird dem Emporkömmling die neue Bryan Ferry-Attitüde über die Ohren gezogen. »Radlands« war zwei Jahre schon wieder eine schwer nachvollziehbare Wendung. Americana. Texas. Da konnte man leicht überhören, dass die Mystery Jets echte Kaliber von Songs schrieben. Andere Bands mögen über die Jahre immer besser werden und werden trotzdem von der Zeit überrollt. Die Mystery Jets haben das schon hinter sich. Niemand wartet auf ein Album von ihnen, abgesehen von ein paar ganz treuen Fans. Sie können sich jetzt in Ruhe mit den Doves, Manic Street Preachers und Prefab Sprout messen.
Und das tun sie. Die Puzzleteile stimmen jetzt zusammen. Durch den neuen Bassisten mit pinken Haaren fühlte man sich wie in einer brandneuen Gang. Die Refrains werden lange vorgebaut, die unterschiedlichen Teile einer Story geben sich mühelos die Hand. Die Steel-Gitarre muss jetzt nicht mehr einen US-Sound markieren. Sie kann einfach die richtige Wahl für einen Zwischenteil sein. Songs bauen sich langsam auf, um zu explodieren. Die Arrangements sind organisch, locker, ja, sophisticated sagt man. Über all das zu streiten, ist natürlich schwer. Und Pop funktioniert ja schon lange über alles andere, über Images, Sounds, Sex.
Die Mystery Jets üben sich in der Kunst des Songwritings. An einem Punkt hätte das Album beinahe die Balance verloren, es war zu dicht und intensiv. Das wurde korrigiert. Und wie als Bonus wurde noch ein relevantes Thema verarbeitet, das Pop sonst nur selten beschäftigt. Erde, Astronomie, Biologie und Klimaforschung sind das Gewebe, auf dem Zeilen wie »be the change you want« gesungen werden. Das ist unzeitgemäss, wenig sexy, aber jaja, eben, was für Songs.
"Curve Of The Earth" von den Mystery Jets erscheint am 15. Jänner 2016 via Caroline.