Zwei Schwestern, ein Online-Shop: Mit österreichischer Vintage-Mode zum Liebling der internationalen Fashion-Blogger-Szene. „Jedes Stück sollte irgendwie besonders sein, ein nettes kleines, Detail haben und ein Outfit einzigartig machen.“
Ein ganz normales Mädchen in Röhrenjeans und T-Shirt und dann das: Eine altrosa Trachtenweste mit Puffärmeln, wie von Oma höchstpersönlich gestrickt. Was jetzt etwas verschroben klingt, wirkt im Lookbook von Bows & Bandits, dem ersten österreichischen Online-Secondhandladen, durchaus stimmig. Immerhin haben sich die beiden Betreiberinnen Eva und Sophie Plainer die Kombination von Modernem und Traditionellem zur Lebensaufgabe gemacht: Von Salzburg aus verschippern die Schwestern rund um den Globus lässig interpretierte Vintage-Dirndlkleider, Trachtenjacken und Accessoires, irgendwo zwischen alpenländischer Femininität und kosmopolitischem Flair. In Zeiten, in denen Highstreet-Ketten das Stadtbild dominieren, und jeder von Kopf bis Fuß mit den Klamotten der üblichen Verdächtigen ausstaffiert ist, geben Eva und Sophie der Modewelt ein Stückchen Individualität zurück – und das nicht mit abgehoben-elitärer Mode, sondern mit durchaus tragbaren, verspielten Streetstyles.
Eva und Sophie sind viel herumgekommen. Bei ihren Reisen durch die Metropolen der Welt haben sie ihrer größten Leidenschaft ausführlich gefrönt: Mode. Vintage-Mode um genau zu sein. Schon als Kinder haben die beiden Broschen gesammelt und den Dachboden ihrer Oma als Fashion-Fundgrube in Anspruch genommen, von Cousinen wurden sie mit abgetragenem Gewand überhäuft: Wo andere empört aufgeschrien hätten, wurde bei den Schwestern ein Nerv getroffen. Wenn sie heute durch die Lande tingeln, klappern sie immer noch gerne die regionalen Flohmärkte ab: Auf Streifzügen durch die Londoner Charity Shops oder bei Flohmarktbesuchen in Amsterdam haben sie schon zugeschlagen. Und zwar so ausführlich, dass sie die Fundstücke irgendwann gar nicht mehr alle selbst anziehen konnten. Bei den Reisen haben sie auch mitbekommen, dass irgendwo zwischen New York und Stockholm ein Trend am Brodeln war: Der globale Vintage-Wahn. In Österreich hinkte man hinterher, das musste geändert werden. So wagten Eva und Sophie den Schritt von der Konsumentin zur Verkäuferin.
Der Traum vom eigenen Vintage-Paradies
Vor zwei Jahren haben die beiden ihren eigenen Online-Secondhand-Shop gegründet – den ersten und bisher einzigen in Österreich. Zuerst verkauften sie noch über ihren eBay-Store, der schnell gut lief, aber bald nicht mehr genug Möglichkeiten bot: Die Schwestern konnten nur eine begrenzte Anzahl von Artikeln feilbieten, an Lookbooks konnten sie dort auch nicht basteln. Ein eigener Shop musste her: Den gibt es in der aktuellen Form seit mittlerweile einem Jahr. Das Organisatorische ließ sich überraschend schnell abwickeln. Beim Namen haben sich Eva und Sophie schon etwas schwerer getan – Bows & Bandits setzte sich schließlich durch: Das Spiel mit Femininität und der Bruch damit schwingt darin mit und ein englischer Name in der englisch dominierten internationalen Web 2.0-Fashionszene ist sowieso von Vorteil. International sollte es also zugehen, nicht nur, was den Namen betrifft – und so finden sich im Bows & Bandits-Online-Store Paillettentops aus London und Matrosenblusen aus Paris neben „Austrian Vintage Clothing with Rock‘n‘Roll Chic“, also traditioneller österreichischer Vintage-Mode mit Puffärmeln und wunderschönen Blumenmustern.
Jedem sein Unikat
Das Angebot ist übersichtlich, die Auswahl persönlich: Gekauft wird, was tolle Muster und Farben hat, oder interessante Knöpfe. Kurz: Gekauft wird, was gefällt – und was sich umnähen lässt: „Wir verkaufen die Dirndlkleider nicht so, wie sie sind, das wäre zu extrem. Die Grundform, also tailliert mit ausgestelltem Rock, die behalten wir aber bei. Wir kürzen den Rock, nähen das Dirndl vielleicht ein bisschen enger. Meistens verändern wir die Ärmel, weil die oft ziemlich übertrieben sind. Außerdem sollte jedes Stück irgendwie besonders sein, ein nettes kleines Detail haben und ein Outfit einzigartig machen“, sagt Sophie. Das ist gleichzeitig das Besondere: Jeder, der bei Bows & Bandits einkauft, erwirbt ein hochwertiges Unikat: „Die Qualität ist uns sehr wichtig – und außerdem verkaufen wir nur Stücke, hinter denen wird zu 100 Prozent stehen und die wir selbst auch tragen würden. Darum haben wir zurzeit auch nur Kleidungsstücke, Accessoires und Schuhe für Frauen.“
Und noch eine Besonderheit: die österreichisch angehauchte Mode. Wer jetzt beim Stichwort „Trachten aus Österreich“ denkt, dass Bows & Bandits vor allem eine österreichische Stammkäuferschaft um sich sammelt, der irrt: Meist wollen Mädchen aus Großstädten wie Leeds, Antwerpen, Barcelona oder New York ihren Stil mit österreichisch angehauchten Vintage-Elementen unterstreichen, erzählt Eva. Aus Österreich käme höchstens ein Viertel aller Kundinnenanfragen.
User Generated Werbung
Die internationale Fashion-Szene hat mittlerweile einen Narren an den Schwestern und ihrem Modekonzept gefressen: Selbsterwählte Fashionistas huldigen Bows & Bandits in ihren Blogs, Web 2.0-gestützte Mundpropaganda und Anzeigen in Online-Magazinen tun das Übrige, um den Bekanntheitsgrad des Vintage-Ladens zu steigern. Auch Collagen auf polyvore.com bringen interessierte User in den Shop – Möglichkeiten, die so allein mit eBay nicht gegeben wären. Regional bewerben die beiden Schwestern den Shop mit Flyern, auf denen auch Fotos aus dem Online-Lookbook abgedruckt sind. Eva und Sophie wollten mehr als nur Artikel einstellen und verkaufen, sie wollten ein stimmiges Gesamtkonzept: Dazu gehört eben auch das Lookbook. Die Fotos schießt Eva selbst, mit ihrer Lomo oder wahlweise mit einer Polaroid-Kamera. So wird das Vintage-Lebensgefühl unterstrichen.
Das ganze Drumherum, vom Fotoshooting über den Versand bis hin zur Website-Betreuung, haben die beiden jungen Frauen übrigens selbst in der Hand, dazu kommt noch das Einkaufen, Waschen und Umnähen der Kleidungsstücke. Zum Glück brauchen Eva und Sophie recht wenig Schlaf: Stressig ist das Ganze trotzdem, der Shop will ständig gehegt werden, die Kundschaft neue Kleinode. Und Bows & Bandits ist nicht das einzige Projekt der Schwestern: Im richtigen Leben ist die eine Grafikerin, die andere Onkologin. Durch ihre Jobs sind sie finanziell abgesichert und stehen nicht unter dem Druck, reüssieren zu müssen.
Bows & Bandits on the Road
Geführt wird das Projekt von den Salzburger Outskirts aus, wo die Schwestern nicht nur wohnen, sondern auch ein großes Lager eingerichtet haben. 800 Artikel hängen hier dicht an dicht. Nach Jahreszeiten und Themenschwerpunkten werden sie dann hervorgeholt und in den Store gestellt: Mit mehr als 400 Artikel vom alpinen Janker bis hin zum Blümchenkleid bringt Bows & Bandits charaktervolle Abwechslung in den modischen Einheitsbrei. Doch das soll nicht alles gewesen sein. Eva und Sophie schwirren neue Ideen im Kopf herum: Als nächstes wollen sie die Garderobe modebewusster Männer aufpolieren. Und irgendwann klappt dann vielleicht auch der Masterplan: Bows & Bandits on the Road, der mobile Vintage-Store im Wohnwagenformat.
Mehr von und zu Bows and Bandits ist auf bowsandbandits.com zu finden. Jetzt mit Blümchenkleidern.