Sigi Maron wurde 70. Das heißt noch lange nicht, dass er aufgehört hat, den ORF anzuschnauzen. Mittlerweile mit etwas weniger Kraftausdrücken, aber weiterhin im Wiener Dialekt. Wir lassen das fabelhafte Schandmaul selbst zu Wort kommen.
Ob Proteste gegen Zwentendorf und Hainburg oder die Arena-Besetzung – das sind politische Ereignisse, die mit Sigi Maron eng verbunden sind. Mit gutem Grund natürlich. Dagegen wurde an vorderster Front demonstriert. Daran erinnert er sich, singt darüber. Mit den Rocksteady Allstars stand er am 10. Mai 2014 im Stadtsaal Berndorf auf der Bühne. In seinem neuen Album »Dynamit und Edelschrott« verleiht er seiner Wut gegen Materialismus, Gleichgültigkeit und selbstgewählte Unmündigkeit der Menschen Ausdruck – in guter, alter Maron-Manier. Bissig-ironische Texte, charmante Melodien, und poetische Texte erklingen auf der Scheibe. Pointiert wie seine Lyrics sind auch seine Antworten im Interview.
Hätten Sie jemals gedacht, noch einmal ein Album aufzuzeichnen und ein Konzert zu geben?
Zu meinem 70. Geburtstag wollte ich noch einmal ein Album machen und Konzerte möchte ich geben, so lange ich gesundheitlich in der Lage dazu bin.
Vier Jahre ist es her, dass Sie ihr letztes Album »Es gibt kan Gott« veröffentlicht haben und jetzt, kurz vor Ihrem Siebziger, gibt es ein neues. Woran glauben Sie?
Ich glaube nicht, weil ich denke. Der Glaube ist nur dazu da, die Menschen vom Denken abzuhalten.
In ihrem Lied »Dynamit und Edelschrott«, sowie in »Wenn i de Leut do siach« befassen Sie sich mit dem Altern bzw. mit dem Tod. Wie stehen Sie dazu?
Die Geburt ist der Anfang und der Tod ist das Ende, dazwischen liegt das Leben. Nicht nur ich denke, dass das Universum nicht durch den Urknall entstanden ist, sondern immer schon war. Es dehnt sich so lange aus, bis es wieder in sich zusammenfällt. Ein ewiger Kreislauf, in dem viele Menschen glauben, sie seien das Höchste, was die Natur je hervorgebracht hat. Wie vermessen und dumm.
Ihrer Meinung nach ist »die Woed voller Noarrn, nur des mocht sie ned zu schlechten Menschen.« Warum kümmert auch gute Menschen oft nicht das Leid anderer?
Aus dem einfachen Grund, weil sie damit beschäftigt sind, selbst halbwegs über die Runden zu kommen. Wer die meiste Zeit seines Lebens damit verbringt, sich das zum Überleben Notwendige zu beschaffen, wird keine Zeit mehr haben sich um das Leid anderer zu kümmern. Wobei ich aus eigener Erfahrung weiß, dass es gerade jene sind, die am wenigsten haben und am meisten ums Überleben kämpfen, die am ehesten helfen.
Welche Geschichte erzählen Sie in »owa wann du lochst«?
Das ist zum Großteil die Geschichte meines Mitautors Fritz Nussböck von einer seiner komplizierteren Beziehungen. Auch wenn scheinbar die Fetzen fliegen – es ist alles nicht so ernst gemeint.
»Wer sich ka Freiheit leistn koan, der muass betteln gehn«, lautet der Refrain eines Ihrer Lieder. Verzichten Menschen manchmal auf ihre persönliche Freiheit? Waren Sie schon einmal frei?
Zitat aus Wikipedia: »Freiheit wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt in Philosophie und Recht der Moderne allgemein einen Zustand der Autonomie eines Subjekts.« Wir unterliegen alle den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Normen. Wer von uns kann wirklich behaupten, dass er frei ist. Niemand. Wirklich frei ist man erst nach diesem Leben.