Wiens junge Kunstszene braucht Raum – Das Weisse Haus verbindet Offspaces mit regelmäßigen Galerieräumen und macht seit 2007 genau das.
Rund 1.800 Studierende beherbergt derzeit allein die Universität für Angewandte Kunst, an der Akademie werden jährlich etwa 200 Neubewerber aufgenommen. Eine recht ansehnliche Zahl an Kunstschaffenden also, die sich da in Wien herumtreibt. Wohin aber mit dem ganzen künstlerischen Output? Schließlich ist Wiens Galerien-Szene ein eher überschaubares Pflaster. Aus diesem Grund haben sich in den letzten Jahren zunehmend Offspaces und unkonventionelle Ausstellungsinitiativen als Präsentationsmöglichkeit für junge und/oder aufstrebende Künstler aufgetan.
Daraus hervorgegangen ist auch Das Weisse Haus, das inzwischen als fixe Kunstinstitution Wiens betrachtet werden kann. Alexandra Grausam, Restauratorin und konservatorische Betreuerin diverser Kunstsammlungen, und Elsy Lahner, freie Kuratorin und Organisatorin verschiedenster Kunst- und Kulturprojekte, haben 2007 durch Zufall zu diesem Gemeinschaftsprojekt zusammengefunden und einen Kunstverein gegründet. Ehemals in der Westbahnstraße eröffnet, ist man nach einem Zwischenstopp in der Wollzeile nun im fünften Bezirk gelandet, wo eine ganze Etage in einem ausrangierten Amtsgebäude adaptiert wurde. Unterschiedliche Räumlichkeiten in der Stadt mit Kunst zu bespielen ist eine der grundlegenden Anliegen, die sich Das Weisse Haus auf sein Banner schreibt. Ein fixer Standort als Zentrale war den beiden Initiatorinnen aber wichtig, um einen Kompromiss zwischen der kurzlebigen Offspace-Idee und den örtlich verankerten Galerien zu schaffen.
Hausbesetzung mit professioneller Organisation
Der spezielle Charme des ausgedienten Amtes im neuen Zuhause der Institution wurde beibehalten, was den Eindruck erweckt, als würde hier die Kunst das Haus besetzen. Zwischen professioneller Organisation und Underground-Feeling werden Einzel- und Gruppenausstellungen organisiert. Daneben gibt es die sogenannten »Satelliten«: Räumlichkeiten, die entweder speziell für einen Künstler gesucht werden bzw. Orte, die vorübergehend leer stehen und für einen kurzen Zeitraum als Ausstellungsfläche zweckentfremdet werden, wie etwa eine alte Fleischerei. Dabei wirken Raumsituation und künstlerisches Projekt zusammen und bilden einen neuen Diskurs. Zusätzlich finden Installationen oder Interventionen im öffentlichen Raum statt – auf Balkonen, Dachterrassen oder Innenhöfen. Das sind Fühler, die Das Weisse Haus auch international ausstreckt.
Nicht nur jungen künstlerischen Positionen soll der Schritt in die Kunstwelt ermöglicht werden, damit auch ein kunstmäßig eher unbedarftes Publikum zu erreichen ist den beiden Geschäftsführerinnen wichtig. Kunst soll einen breiten Zugang finden und Netzwerke aufgebaut werden. Verschiedene Vermittlungsstrategien für alle Altersgruppen oder Künstlergespräche und Videointerviews machen Kunst greifbarer und schaffen einen Anreiz für Leute, die ansonsten vielleicht mehr Berührungsängste haben. Ein gutes Unterfangen also, um die Kunstszene Wiens vorzubereiten für das, was da noch an Talenten schlummern mag.
Bis Ende März zeigt Das Weisse Haus die Gruppenausstellungen »The Borders of Drawing« und »Polis Pollis Politics«,sowie »Die nächste Generation III. das weisse haus – Ein Selbstportrait« im Traklhaus in Salzburg.