Der Belpop der Nation

Nicht nur im Norden Europas wurde in den letzten Jahren hervorragender Pop gemacht – auch Belgien. War der Betriff "Belpop" in den 90ern noch relativ umsonst, so ist er jetzt mit einer spannenden Szene und neuen Band-Generation mehr als angebracht. Das Waves Vienna hat ab Oktober einige davon zu Gast.

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Im Gegensatz zu Klein-Staaten wie Belgien oder auch Österreich wirkt England wie ein gigantischer Musikkontinent. England als Popnation hat geprägt, entwickelt und festgelegt, was davor schlicht und einfach nicht existiert hat. Britpop ist entsprechend bekannter als Belpop. Das Waves Vienna holt heuer genau diesen Sound nach Wien.

Antwerpen, Brüssel und Gent: Hotspots

Das was für Großbritannien die Beatles waren, das ist für Belgien dEUS: Eine Anfang der 90er Jahre in Antwerpen gegründete Experimental-Rock Band rund um Frontman Tom Barman. Ein englischer Journalist hat einmal über sie geschrieben, wären sie aus England, dann wären sie heute noch weltberühmt. Belgien scheint nah genug am europäischen Haupt-Pop-Verstärker England zu sein, um regelmäßig wahrgenommen zu werden, aber doch zu weit weg, um es ganz nach oben zu schaffen. Aus dEUS entwickeln sich im Laufe der Jahre weitere Formationen wie die Alternative-Dance Gruppe Soulwax (heute 2Many DJs) oder das Großprojekt Zita Swoon. Der Erfolg von dEUS im Jahr 1994 mit ihrem Album "Worst Case Scenario" inspirierte viele heimische Gruppen der unterschiedlichsten Genres wie Girls in Hawaii (Indie-Pop), The Experimental Tropic Blues Band (Rock) Hooverphonic (Trip-Hop), das Pop, Starflam (Dub) oder K´s Choice zu ihrer Musik.

Zwiegespalten

Seit Mitte der 90er zeichnet sich eine neue Generation ab die mit ambitionierten und teils mutigen Alben ein breites Publikum in Europa finden. Gerade wenn man sich die Veröffentlichungen der letzten Jahre ansieht, fällt auf, dass Belgien nicht nur in Bezug auf die drei Landessprachen, Kulturen und somit der Medienlandschaft ein gespaltenes Land ist: Es gibt Pop-Acts, die mit einzelnen Singles international durchgestartet sind: Milow mit "Ayo Technology", Stormae mit "Alors on danse" oder "Papaoutai", Gotye mit "Somebody that i used to know", Selah Sue mit "Raggamuffin" und Triggerfinger mit einem Cover des Lykke Li Erfolgmodelles "I follow Rivers".

Die alternative Szene bekommt im Vergleich weniger Rampenlicht, hat aber eine längere Halbwertszeit. 2005 aufwerts prägen plötzlich Bands wie Black Box Revelation, Flying Horseman, Compuphonic, Balthazar, Soldout und ab 2010 dann Oscar and the Wolf, Brns und Amatorski den heimischen Sound: Alben wie beispielsweise "Applause" von Balthazar oder "TBC" von Amatroski sind unpackbar gute und einzigartige Platten.

Andrerseits klingt auch noch der große Jaques Brel nach, vor allem im wallonischen, also französisch-sprachigen Teil des Landes. Junge Chansoniers gab es zwar schon mal mehr, das Gener scheint aber nicht tot zu kriegen.

Wie klingt Belgien?

Hat Belgien einen Sound? So wie Britpop oder man ihn gerne der isländischen Musikszene zuschreibt? Wenn, dann findet man dort auffallend viele Bands mit einem Faible zu Ambiente, sphärischen Klängen und breit gejammten Instrumentalfeldern: Man hört in vielen Bands wie Amatorski, Brns, oder Oscar and the Wolf den Dream-Pop der Cocteau Twins und die noisig-verschwommenen Gitarrenfelder von Daughter. Aber auch in Bezug auf Artwork und Videos orientieren sich viele Gruppen an einer naturalistischen Ästhetik. Wir hören nach Belgien. Wir hören nicht mehr weg.

Das Waves hat heuer mehrere belgische Bands zu Gast: In unserer Bilderstrecke haben wir einige davon portraitiert. Das zweit Gastland heißt Belgien und ist bestimmt auch ganz, ganz toll. Zum Waves Line-Up geht es hier.

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