Der Geschmack des Wassers

Kein Revolutionär. Kein Teil der Gesellschaft. Kein Fan von Idolen. Jonas Mekas ist ein Heimatloser. Das Filmmuseum zeigt im April seine Werke. Und wir haben das passende Interview dazu.

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Jonas Mekas ist die Zentralfigur des unabhängigen amerikanischen Films. Doch bevor er das wurde, war er ein Verjagter. Zuerst wegen einer Widerstandszeitung gegen die Nazis, dann wegen eines Anti-Stalin Gedichts. Das alles hat ihn aber nicht daran gehindert Dichter und Filmemacher zu werden. Im Gegenteil. Im Interview erzählt er uns, wieso er kein Teil der Gesellschaft ist, wieso der Geschmack des Wassers so wichtig ist und warum eigentlich eh keiner zu seiner Ausstellung kommen soll.

Was wirst du in Wien ausstellen? Was kann man von der Ausstellung erwarten?



In Wien wird es zwei Ausstellungen geben. Meine Filme werden im Filmmuseum präsentiert, Installationen, wie fotografische Drucke und Audio-Stücke werden in der Krinzinger Galerie ausgestellt. Dort werden auch besondere Werke von meinen Wiener Freunden Raimund Abraham, Hermann Nitsch und Peter Kubelka präsentiert.

Dein persönlicher Highlight-Film im Filmmuseum?

Für mich ist es schwer einen meiner Filme dem anderen vorzuziehen. Sie sind alle meine Kinder.

Wieso sollte man zu der Ausstellung gehen?

Viele Menschen gehen in gar keine Ausstellungen mehr. Sie sehen lieber fern oder machen anderen Blödsinn. Bei diesen Personen sehe ich auch keinen Grund, wieso sie zu meiner Ausstellung kommen sollten. Nur manche meiner Freunde werden sich dafür interessieren, was ich so mache. Und Architektur-Studenten könnten Interesse daran haben, mehr über Raimund Abraham zu erfahren. Das war’s aber auch schon. 



Dein Leben war ziemlich tough. Zuerst musstest du in Litauen leben, dann durftest du nicht wieder Heim, weil du ein Stalin-feindliches Gedicht verfasst hast. Wieso warst du immer ein Revolutionär, einer dem persönliche Ideale wichtiger waren als Sicherheit?

Ich finde nicht, dass ich ein Revoltionär bin oder war. Ich lebe ein sehr einfaches Leben. Ich bin ein Arbeiter, ich kreiere Dinge. Und natürlich achte ich auf meine Sicherheit, wie jeder andere auch. Wenn jemand nicht mag, was ich tue oder schreibe, ist es ihre Sache mich das wissen zu lassen. Und bis jetzt hat das auch immer jeder gemacht. Als ich zum Beispiel den „Chant d’Amour“ von Genet gezeigt habe gab es großen Aufruhr. Da kam ich danach sogar ins Gefängnis. Aber das ist in meiner Branche ganz normal. Das ist der Schutz der Gesellschaft um ihren Status Quo beizubehalten. Und Dichter sind kein Teil der Gesellschaft. Das wusste auch schon Platon.

Fühlst du dich irgendwo zu Hause? Das muss ja schwer sein für jemanden, der verbannt wurde.

Ich beginne mich an jedem Ort, an dem ich länger als drei Tage bin, daheim zu fühlen. Mir gefällt auch die Idee in so vielen verschiedenen Orten daheim zu sein. Jeder Ort, egal wo, eröffnet mir ein neues Fenster zur Poesie des Lebens.

Was bedeutet zuhause für dich?

Zuhause ist für mich jeder Ort, über den man ein Gedicht schreiben könnte. Wo ich Lust habe zu filmen. Wo ich Lust habe auf den Geschmack des Wassers des Ortes. Und dem des Weines.

Deine Karriere geht nun schon über 50 Jahre. Hast du irgendwelche Veränderungen in der Filmindustrie feststellen können, und wenn ja, gute oder schlechte?

Die größte Veränderung der letzten 50 Jahre ist, dass die Film-Community stark gewachsen ist. In Zahlen von ca. 1.000 auf 100.000.000. Heute kann jeder Filme drehen und sie in der einen oder anderen Weise auch veröffentlichen. Ich finde das ist eine super Entwicklung. Es ist dasselbe mit der Literatur. Bald wird es mehr Menschen geben, die nicht wissen, wie man schreibt, als Menschen, die nicht wissen, wie man filmt. Die UN versucht noch immer den Analphabetismus weltweit zu vermindern. 
Man muss trotz allem Positiven auch sagen, dass es immer mehr schlechte Filme und schlechte Dichter gibt. Viel zu viele sogar.

An was sollen Menschen denken, wenn sie deine Arbeiten sehen?

Je weniger sie denken während sie meine Filme ansehen, desto besser. Ich will, dass die Menschen alles vergessen, wenn sie meine Arbeiten sehen.

Irgendwelche Idole?

Gott hat mich zum Glück vor Idolen beschützt.

Jonas Mekas stellt von 05. bis 29. April im Filmmuseum Wien aus.

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