Von 19. bis 24. März 2019 ist Graz wieder Österreichs Filmhauptstadt, wenn die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, zum bereits 22. Mal österreichische FilmemacherInnen und deren Werke in den Mittelpunkt rückt. Was es in den ersten beiden Tagen zu sehen gab, lest ihr hier.
Kein Frühling ohne Diagonale, kein Festival ohne Eröffnung. Auch 2019 wurde die Helmut-List-Halle wieder zum Kinosaal. Bevor Marie Kreutzers aktueller Film »Der Boden unter den Füßen«, der bereits bei der diesjährigen Berlinale zu sehen war, die Diagonale eröffnete, gab es zuerst die traditionelle Eröffnungsrede der beiden seit 2015 waltenden Intendanten Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger, deren Verträge erst kürzlich verlängert wurden.
»Nationalismus ist Gift für die Gesellschaft« – mit diesen Worten begannen die beiden ihre Rede; der Satz bezog sich dabei auch auf den diesjährigen Diagonale-Trailer, der von Johann Lurf gestaltet wurde. Dafür gab es – zurecht – Applaus. Waren es in den Jahren zuvor Begriffe wie Zweifel oder Empathie, die die beiden in ihrer Rede fokussierten, ist es 2019 der Aspekt der Genauigkeit, den Höglinger und Schernhuber in Zeiten von Fake News und Co betonen wollten. Schließlich liege da das derzeit wohl größte Potenzial der Kunst: im Beharren auf Genauigkeit. Ebenso hielten die beiden Werte wie Humanität, Egalität, Geschwisterlichkeit und Solidarität in ihrer Rede hoch. Zum Abschluss fand auch eine Prise Pop Eingang in die Rede der beiden und dem Publikum wurde noch ein Tocotronic-Zitat aus dem Song »Gegen den Strich« mitgegeben: »Wir müssen durch den Spiegel gehen.«
Filmpreis für eine Wandelbare
Im Anschluss übernahm Manuel Rubey, Moderator der diesjährigen Eröffnungsfeier, das Mikrofon. Er führte mit Charme durch den Abend. Wie gewohnt, wurde bei der Eröffnung auch der Große Diagonale-Schauspielpreis verliehen, und der ging dieses Jahr an die wandelbare und stets überzeugende Birgit Minichmayr. In der Laudatio der Regisseurin Veronika Franz und der Schauspielerin Johanna Orsini-Rosenberg wurden daher Beinahe-Liebesbekundungen von verschiedenen AkteurInnen der hiesigen Filmbranche vorgelesen.
Die sichtlich gerührte Minichmayr ließ das Publikum wissen, dass sie zwar nicht – wie viele JournalistInnen im Vorfeld von ihr verlangt hätten – anlässlich dieses Preises Bilanz ziehen möchte, aber sie habe nun immerhin eine Antwort darauf, warum sie eigentlich Schauspielerin werden wollte: Sie habe eben schon in ihrer Kindheit gerne Menschen nachgemacht und darauf Feedback bekommen. Auch Minichmayr wurde in ihrer Dankesrede kurz politisch, kritisierte PolitikerInnen, die hetzten, sowie das neoliberale System per se, und betonte zum Abschluss das Potenzial der Kunst für Menschen und Gesellschaft: »Ich möchte einfach aus tiefstem Herzen die Herzen so rühren. So sehr, sehr rühren, dass sie sich politisch verhalten.« Minichmayr durfte schließlich ein Kunstwerk von Ashley Hans Scheirl entgegennehmen.
Danach ging es mit dem diesjährigen Eröffnungsfilm »Der Boden unter den Füßen« von Marie Kreutzer los, in dem die durch Filme wie »Die Vaterlosen« und »Gruber geht« bekannt gewordene Regisseurin nicht nur einen weiblichen Cast (Valerie Pachner, Pia Herzegger und Mavie Hörbiger) in den Mittelpunkt rückt, sondern auch Kritik an unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft übt sowie den Umgang mit psychischen Krankheiten thematisiert.
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